Im Jahr 2017 kamen ca. 250.000 Medizintouristen aus mehr als 150 Ländern in die Bundesrepublik.
Quelle: KU Gesundheitsmanagement
Sie ließen sich vor allem in ambulanten und stationären Einrichtungen in Großstädten wie München oder Hamburg behandeln. Aber auch die Rhein-Ruhr- sowie die Rhein-Main-Region waren beliebte Ziele. Gründe für eine Behandlung in Deutschland Das deutsche Gesundheitswesen besitzt im Ausland ein hohes Ansehen. Gute Ausbildung, Organisation, Hygiene, Ausstattung sowie eine gute Qualität(ssicherung) werden als Pro-Argumente für Deutschland angeführt. Das Preis-Leistungsverhältnis wird dabei insbesondere hervorgehoben. Im internationalen Vergleich kann die Behandlung in Deutschland durchaus günstig sein bei gleichzeitig hohem Standard. Aber auch gesetzliche Beschränkungen im Heimatland oder moralische Gründe können Auslöser für eine Reise in deutsche Einrichtungen sein.
Nachfrage
In den vergangenen Jahren ist ein deutlicher Rückgang der Patienten aus den Golfstaaten und Russland zu verzeichnen. Stattdessen steigt die Nachfrage an Behandlungen von Menschen aus Kasachstan und der Ukraine. Aber auch unsere Nachbarn aus den Niederlanden, Frankreich und Polen, vor allem Menschen aus den Grenzregionen, kommen gerne nach Deutschland zur Behandlung. Das nachgefragte Leistungsspektrum ist groß. Am meisten werden orthopädische Leistungen, internistische Eingriffe sowie
kardiologische und onkologische Behandlungen nachgefragt. Ebenfalls sind die Reha-Leistungen in Deutschland sehr geschätzt sowie die Möglichkeiten in der Kinderneurologie.
Wertschöpfung
Etwa 1,2 Milliarden Euro kommen durch Medizintouristen pro Jahr ins Land. Für die medizinischen Einrichtungen sind die ausländischen Selbstzahler sehr lukrativ. Sie sind für einige Gesundheitseinrichtungen zu einer beachtlichen Einnahmequelle geworden, vor allem deshalb, weil die Häuser nach §4 Abs. 4 KHEntgG auf Verlangen stationäre Leistungen außerhalb des Erlösbudgets in Rechnung stellen dürfen. Deshalb wundert es nicht, dass viele Kliniken ihren Marketingauftritt entsprechend anpassen: verschiedensprachige Websites, International Offices und Zusammenarbeit mit Patientenvermittlern sind gute Beispiele. Die Patientenvermittler sind entweder Einzelpersonen oder Kleinagenturen, die sprachkundig sind, vor Ort im Ausland informieren und die administrative Arbeit wie beispielsweise die Übersetzung von Arztbriefen, Beantragung medizinischer Visa sowie die Fakturierung übernehmen. Genau hier liegen aber auch Gefahren. Patientenvermittler schließen Verträge mit den Patienten und auch mit den Kliniken. Vorsicht ist mit Blick auf das ärztliche Berufsrecht gemäß §§ 27, 31 MBO-Ä geboten, nach dem Ärzte ihren Arztberuf nicht kommerzialisieren dürfen, sprich, sie sind dazu
aufgefordert, in angemessener Weise aufzuklären und zu informieren. Darüber hinaus ist es ihnen nicht gestattet, aus Eigeninteresse zusätzliches Entgelt oder andere Leistungen für sich oder Dritte in Anspruch zu nehmen. Ebenfalls sind landesrechtliche Vorschriften zu beachten. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise gilt zudem der § 31a KHGG NRW, der besagt, dass es Krankenhäusern und ihren Trägern nicht gestattet ist, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten ein Entgelt oder andere Vorteile zu gewähren, zu versprechen oder sich gewähren bzw. versprechen zu lassen.
Autor: Johanna Hilgen, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, jhilgen@kpmg.com
Quelle: KU Gesundheitsmanagement 06/2019