Dr. Thomas Krössin, 55, Geschäftsführer Akutkrankenhäuser, Johanniter Deutschland

Welche Ihrer Vorzüge werden verkannt?
In Zeiten vor Corona ein optimistischer Pessimist: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, sagt die Legende über Martin Luther. Eigentlich wäre ich gerne Freizeit-Gärtner in einem Berliner Schrebergarten und noch viel lieber in Gedanken Tierfilmer in der Tundra. Das Übersichtliche im Kleingarten und die weite Landschaft der Flora und Fauna.In Zeiten von Corona pessimistischer Optimist: Wir sind gefordert als Seelsorger, Krisenmanager und Naturwissenschaftler: Seelsorgerisch mit den Worten von Friedrich Hölderlin aus Patmos, der dieses Jahr seinen 250. Geburtstag hat: „Nah ist und schwer zu fassen der Gott.Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Gemeinschaft – Zusammengehörigkeit, das sind die Worte, die uns als Krankenhausmanager den Weg in den kommenden Wochen als Zufluchtsort weisen sollen. Die Gemeinschaft zu Gott, für die Gläubigen – und im Wesentlichen die Zusammengehörigkeit in der Gefahr – für alle Menschen. Das sind die Worte, aus denen das Rettende wächst: Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit. Unsere Zusammengehörigkeit, unsere Solidarität werden uns in den kommenden Wochen Stützpfeiler sein. Die uns anvertrauten Menschen in den Krankenhäusern, in den Seniorenhäusern und den Reha-Kliniken sicher und mit großer Ruhe durch die Krise zu führen wird uns alles abverlangen.
Was war Ihre größte Fehlentscheidung und was haben Sie daraus gelernt?
In Zeiten vor Corona: Dankbar wäre ich bei nur einer Fehlentscheidung. Wer entscheidet, macht Fehler. Wer nicht entscheidet, lebt einfacher – aber nicht sinnvoller. Entscheidungen bedürfen Leidenschaft, langen Atem und Mut zur Umkehr! Wenn ich nichts lerne,mache ich nur noch Fehler. In Zeiten von Corona: Gemeinsam mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geben wir unser Bestes für alle Menschen, die wir deutschlandweit in den Einrichtungen des Johanniter Konzerns betreuen und versorgen. Zeit für Fehler haben wir nicht – gleichzeitig wissen wir um unsere Fehlbarkeit.
Welches politische Projekt sollte schnell umgesetzt werden?
In Zeiten vor Corona: Begrenzte Amtszeiten von Politikern, weniger Lehrer und Rechtsanwälte im Bundestag, mehr Wissenschaftler rein. Die Zeilen würden im Weiteren nicht ausreichen: Wasser, Luft, Erde sind unsere Lebensgrundlagen – diese zu erhalten ist unsere Verpflichtung für unsere Kinder! Interessant wäre auch, wenn der jeweils aktuelle Spiegel-Chefredakteur als informelles Verfassungsorgan einen Platz am Kabinettstisch der Bundesregierung hat und Kabinettsprotokolle schreiben muss, die er nicht veröffentlichen darf. In Zeiten von Corona: Unser Gesundheitssystem ist eines der besten der Welt – Gesundheitsversorgung ist das Grundrecht unabhängig vom Lebensmittelpunkt und hält unsere Gesellschaft in Zeiten der Not und der Krise zusammen.
Was ertragen Sie nur mit Humor?
Manche Talkshowformate, einen leeren Kühlschrank und mich selbst!
Wie können Sie am besten Stress abbauen?
Männer bauen innerlich Stress auf und leider nicht äußerlich ab. Die Frage schließt sich aktuell aus – dosiert eingesetzter Stress ist Treibstoff in Krisenzeiten. Obwohl – Commercial Sendungen sind so herrlich sinnentleert. Shopping Kanäle können einem so viel geben. Ein leerer Kopf ist die Vorstufe für das Wichtige in unserem Leben!
Quelle: KU Gesundheitsmanagement 04/2020