Das OLG Braunschweig beschloss, dass die Verjährungsfrist bei Ansprüchen aus Arzthaftung spätestens mit der Übersendung der Behandlungsunterlagen an den Patienten oder seinen Bevollmächtigten beginnt.
Grundsätzlich verjähren Ansprüche wegen Pflichtverletzungen aus dem Behandlungsvertrag gem. § 195 BGB nach drei Jahren. Diese Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Diese Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von den begründenden Tatsachen tritt nach der Entscheidung des OLG spätestens dann ein, wenn dem Patienten oder seinem Anwalt die Behandlungsunterlagen übersendet wurden. Denn dann sind dem Patienten diejenigen Behandlungstatsachen positiv bekannt geworden, die ein ärztliches Fehlverhalten und einen kausalen Schaden aufgrund des Behandlungsfehlers bei objektiver Betrachtung naheliegend erscheinen lassen. Dabei ist ausreichend, dass sich die Kenntnis auf Grundzüge erstreckt, nicht auf medizinische Details oder besonderes Fachwissen. Zu den Grundzügen gehören das Grundwissen über den konkreten Behandlungsverlauf, die gewählte Therapiemethode und die übrigen wesentlichen Umstände. Daher ist auch insbesondere nicht erforderlich, dass der Patient positive Kenntnis vom Vorliegen eines Behandlungsfehlers – etwa durch ein ärztliches Gutachten – hat. Maßgeblich ist, dass der Patient mit einer Parallelwertung in der Sphäre eines medizinischen Laien erkennen kann, dass eine wie auch immer geartete fehlerhafte Behandlung vorlag.
OLG Braunschweig, Beschl. v. 28.02.2020 – 9 U 31/19
Kontakt zum Autor: Dr. Tobias Weimer, M.A. Fachanwalt für Medizinrecht, c/o WEIMER I BORK – Kanzlei für Medizin-, Arbeits- & Strafrecht, Frielinghausstr. 8, 44803 Bochum; www.kanzlei-weimer-bork.de; weimer@kanzlei-weimer-bork.de