München. Mehr als die Hälfte aller Krankenhäuser in Deutschland rechnet im laufenden Jahr mit einem Defizit.

Die Covid-19-Krise hat die ohnehin angespannte Situation der Krankenhäuser in Deutschland dramatisch verschärft. Insbesondere große Häuser und Kliniken, die keinem Verbund angehören, sind betroffen.
Das Gesundheitssystem in Deutschland funktioniert – das hat sich während der Covid-19-Krise einmal mehr gezeigt. Dieser positive Befund kann eine Tatsache aber nicht verbergen: Dass sich die wirtschaftliche Situation vieler Kliniken im ersten Halbjahr 2020 klar verschlechtert hat. Hauptgrund: Sowohl auf den Intensiv- als auch den Normalstationen sank die Auslastung während der Pandemie-Hochphase im März und April deutlich.
57% der Häuser rechnen mit einem Defizit
Diese Entwicklung hat die ohnehin angespannte wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in Deutschland noch einmal massiv verschärft. So rechnen 57 Prozent der deutschen Kliniken für das laufende Jahr mit einem Defizit. Auch die Umsatzentwicklung ist rückläufig: Verzeichneten 2019 noch zwei Drittel der Häuser steigende Umsätze (67%), erwarten für 2020 nur noch 29% einen Zuwachs.
Zu diesem Ergebnis kommt die Roland Berger Krankenhausstudie 2020. Für die Untersuchung haben die Autoren zwischen Ende Mai und Anfang Juni 2020 Klinikmanager der 600 größten Krankenhäuser in Deutschland befragt. Besonders hart treffen die Umsatzrückgänge große Häuser und Kliniken, die keinem Krankenhausverbund angehören. „Die Verbundkliniken profitieren von Synergieeffekten und stehen in Summe signifikant besser da“, sagt Dr. med. Peter Magunia, Partner bei Roland Berger.
Geringe Auslastung im Frühjahr als Ursache
Als Hauptursache identifizieren die Autoren der Studie die rückläufige Auslastung während der Pandemie-Hochphase im März und April. Hier sank die Belegung der Intensivstationen großer Krankenhäuser mit über 1.000 Betten um 27 Prozent, auf Normalstationen sogar um 37 Prozent. So rechnen 72% der großen Kliniken für das laufende Jahr mit einem Minus. Eine schelle Erholung in diesem Bereich sei indes nicht zu erwarten.
Die Bundesregierung hat aus diesem Grund im März das Krankenhausentlastungsgesetz verabschiedet, das Kliniken pro Tag eine Pauschale von 560 Euro pro freigehaltenem Bett zubilligt. Bei 75% der großen Kliniken (über 1.000 Betten) reichte dieser Betrag allerdings nicht aus, um die Einnahmeausfälle zu kompensieren.
Tiefgreifende Veränderung der Krankenhauslandschaft
Die Autoren der Studie rechnen deshalb damit, dass sich die Krankenhauslandschaft tiefgreifend verändern wird. Stärkster Treiber des Wandels dürfte die Digitalisierung sein, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Darüber hinaus gehen die befragten Klinikmanager davon aus, dass sich die Gewichtung von stationären hin zu ambulanten Therapien verschieben wird. „Um in dieser Situation zu bestehen, sollten Häuser noch offener für intensivere Kooperationen mit anderen Kliniken sein, ihre ambulanten Angebote gezielt ausbauen und Schritt für Schritt Reformvorhaben im Bereich Digitalisierung vorantreiben“, rät Dr. Magunia.
Die Autoren der Studie haben vier explizite Handlungsempfehlungen herausgearbeitet, die Krankenhäusern auf dem Weg aus der Krise helfen sollen.
Hinterfragen der Wachstumsstrategie
Flexibilisierung der Kostenstruktur
Entwicklung und Ausweitung von Kooperationen
Schließung der richtigen Digitalisierungslücken
Die vollständige Studie finden Sie hier.
Quelle: www.rolandberger.com