Zweite Welle und was dann?
Die erste Welle haben wir in Deutschland zum Glück gut überstanden. Alle freuen sich über die Lockerungen, mit denen das normale Leben zurückkehrt und viele genießen jetzt die Urlaubszeit. Doch niemand weiß, ob das Virus zurückkommt. Gerade der wiedereinsetzende Tourismus kann zur Folge haben, dass sich das Virus erneut und flächendeckend ausbreitet. Die Gefahr einer zweiten Welle ist nicht auszuschließen. Aber Krankenhäuser können ihr bestmöglich vorbereitet begegnen.
Krankenhäuser und insbesondere Reha-Kliniken haben schon die erste Welle stark zu spüren bekommen. Das gilt zum einen natürlich für die Herausforderung, die an COVID-19 erkrankten Patienten optimal zu behandeln und ein Überspringen des Virus auf die eigenen Mitarbeiter zu verhindern. Gravierend waren aber auch die wirtschaftlichen Folgen, ganz besonders die Einnahmeausfälle einerseits und nicht gedeckte Kosten bei der Behandlung von COVID-19-Patienten andererseits. Schwierig war mitunter, Personalkapazitäten zu steuern, Förderungen zu erlangen oder Liquidität herzustellen. Im Falle einer zweiten Welle sollte das einfacher sein. Die Vorbereitung darauf ist das A und O, um als Krankenhaus eine zweite Welle gut zu überstehen.
Quick-Check Corona
So manche „Unwucht“, die sich beim ersten Mal ergab, sollte im Falle einer zweiten Welle vermieden werden, um – möglicherweise existenzbedrohende – Folgen zu verhindern. Dies geschieht am besten, indem ein Checklisten-System erarbeitet wird, das sicherstellt, dass im Fall des Falles das Richtige getan und an alles gedacht wird.
Dabei sind insbesondere die Themen Personal, Steuern und Sozialversicherung, Förderungen, Controlling/ Kostenmanagement und Medizin in den Blick zu nehmen. Die Checklisten werden dafür sorgen, dass im Falle eines erneuten verstärkten Ausbruchs direkt an alles Notwendige gedacht wird. Beim Thema Personal sollten u.a. die Möglichkeit von Homeoffice und Kurzarbeit und die Kompensation von Personalknappheit gecheckt werden. Bei Steuern und Sozialversicherung ist zunächst an Stundungsvereinbarungen zu denken. Im Controlling/Kostenmanagement muss an laufende Finanzierungen und mögliche Anpassungen ebenso gedacht werden wie an kurzfristige Kostensenkungen und Herstellung ausreichender Liquidität. Parallel sollte geprüft werden, ob bzw. welche Förderungen es möglicherweise geben wird und wie diese schnellstmöglich realisiert werden. Für alle Themen lassen sich zahlreiche weitere Punkte benennen.
Es geht darum, mit gut gemachten Checklisten sicherzustellen, dass im Fall des Falles möglichst alle Hebel gleichzeitig richtig gestellt werden. Deshalb sollten den einzelnen Punkten der Checklisten klare Verantwortlichkeiten folgen.
Compliance
Und was hat das nun mit Compliance zu tun? Bei Compliance geht es zunächst darum, Regelverstöße zu vermeiden. Aber es geht um mehr. Sicherzustellen, dass mögliche Förderungen auch tatsächlich erlangt werden, dass Liquidität erhalten bleibt usw. sind Pflichten der Geschäftsleitung, um den Fortbestand des Krankenhauses zu sichern. Wird beispielsweise die Beantragung von Förderungen versäumt, kann dies einen Pflichtverstoß der Geschäftsleitung darstellen, wenn es sich um ein organisatorisches Versagen handelt. Die Vorbereitung auf eine mögliche zweite Welle ist daher nicht nur Wahl, sondern Pflicht. Die Aufgabe sollte dem Compliance-Beauftragten übertragen werden. Gibt es keinen benannten Beauftragten, kann eine kleines Compliance-Komitee unter Einbindung der genannten Bereiche der richtige Weg sein. Alternativ kann die Aufgabe durch Einbindung spezialisierter Berater erfüllt werden. Dabei ist auch zu bedenken, dass die genannten Bereiche mitarbeiten müssen, um schnell und effektiv zu einem guten Ergebnis zu gelangen. Gleichwohl werden die Vorteile überwiegen, wenn bei einer zweiten Welle „alles wie am Schnürchen läuft“. Das schafft Freiheit, sich um das Wesentliche zu kümmern: die Behandlung von Patienten.
Autor: Rechtsanwalt Volker Ettwig, Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB, ettwig@tsambikakis.com
Quelle: KU Gesundheitsmanagement 08/2020