Das OLG Dresden entschied, dass an den Vortrag des Patienten, der einen Hygieneverstoß behauptet, nur maßvolle Anforderungen zu stellen sind.
Erforderlich sei aber die Behauptung unterdurchschnittlicher hygienischer Zustände, die konkrete Anhaltspunkte für einen Hygieneverstoß bieten. Die Behauptung des Patienten, von einer Krankenschwester gehört zu haben, es gebe in der Einrichtung „besonders viele Keiminfektionen“, reicht hierfür nicht aus, so das OLG. Eine Beweislastumkehr kommt nur dann in Betragt, wenn feststeht, dass die Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich stammt; allein das Auftreten einer Infektion stellt demgegenüber keinen Anhaltspunkt für einen haftungsbegründenden Mangel dar.
OLG Dresden, Beschluss v. 06.04.2020 – 4 U 2899/19
Praxishinweis: In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass vom Patienten keine genauen Kenntnisse der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden können. Ihm fehlt die genaue Einsicht in das Behandlungsgeschehen und das nötige Fachwissen zur Erfassung und Darstellung des Konfliktstoffs; der Patient wie sein Anwalt sind nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Es müssen keine möglichen Entstehungsursachen einer Infektion vom Patienten ermittelt und vorgetragen werden (BGH, Beschl. v. 01.03.2016 – VI ZR 49/15 Rdn. 12). Allerdings muss der Vortrag die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens der Behandlungsseite aufgrund der Folgen für den Patienten gestatten (BGH, Urt. v. 19.02.2019 – VI ZR 505/17; BGH, Beschluss v. 07.11.2017 – VI ZR 173/17). Dies war hier nicht der Fall. Lesen Sie dazu Weimer (Hrsg.), Krankenhauskeime & Hygienemängel, Skandale vermeiden und in der Krise richtig handeln, 2020, Kohlhammer Verlag.
Kontakt zum Autor: Dr. Tobias Weimer, M.A. Fachanwalt für Medizinrecht, c/o WEIMER I BORK – Kanzlei für Medizin-, Arbeits- & Strafrecht, Frielinghausstr. 8, 44803 Bochum; www.kanzlei-weimer-bork.de; weimer@kanzlei-weimer-bork.de