Interview mit Dr. med. Nikolaus von Dercks zur Neuauflage des Fachbuches „Operatives und strategisches Medizincontrolling“

KU: Herr Dr. von Dercks, Ihr Buch „Operatives und strategisches Medizincontrolling“ erscheint in zweiter Auflage. Welche Neuerungen imVergleich zu ersten Auflage sind darin enthalten?
von Dercks: Wir sind froh, zu dem ohnehin schon hervorragenden Autorenstamm der ersten Auflage noch weitere sehr gute Autoren gewonnen zu haben. Insbesondere das Rechtskapitel konnten wir mit einem wichtigen Beitrag zum MDK-Reformgesetz und den vielen Änderungen durch Gesetze und Verordnungen im Rahmen der Corona-Pandemie erweitern. Aber auch der Aspekt der Ethik im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Medizin wurde neu aufgenommen und durch einen äußerst erfahrenen Autor, Arzt und Manager beleuchtet. Neu ist auch ein Kapitel zu den Grundlagen des DRG-Systems. Da wir ja nicht nur Profis, sondern auch Einsteiger adressieren wollen, sollen gerade diese mit
diesem Beitrag abgeholt werden.
KU: Hat sich der Stellenwert des Medizincontrollings innerhalb der Organisation Krankenhaus in den letzten Jahren verändert?
von Dercks: Das Medizincontrolling nimmt im administrativen Klinikalltag eine zentrale Schlüsselfunktion ein. Das war längst nicht immer so. Zum Kerngeschäft der pro- und retrospektiven Prüfung von Behandlungsfällen sowie der Kommunikation mit Medizinischem Dienst und Kostenträgern kommt zunehmend eine strategische Komponente: Wie soll sich ein Krankenhaus strategisch ausrichten? Welche Optionen der Fallsteuerung resultieren daraus? Welche Kooperationen sind künftig relevant?
KU: Gewinnt die strategische Komponente im Medizincontrolling an Bedeutung?
von Dercks: Verschiedene Faktoren werden den Krankenhaussektor in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen stellen. Da diese sich schon jetzt abzeichnen, ist eine fundierte und tragfähig geplante Strategie für Krankenhäuser überlebensnotwendig. Zu nennen ist hier die Problematik der Investitionsfinanzierung, der Mangel an Fachkräften, der Trend zur Ambulantisierung und natürlich auch das Thema Qualitätsanforderungen und damit verbundene Zu- und Abschläge bzw. der resultierende Einfluss auf die Krankenhausplanung. Insbesondere das Thema der Fallsteuerung zwischen den Sektoren gewinnt zunehmend an Bedeutung und wird ein entscheidendes Kriterium für Krankenhäuser sein, sich auf dem Gesundheitsmarkt behaupten zu können.
KU: Wie sehen Sie die Entwicklung des Berufsbildes des Medizincontrollers in der Zukunft?
von Dercks: Generell wird das Kerngeschäft der Fallkodierung und der Auseinandersetzung mit den Kostenträgern weiter in der Hand des Medizincontrollings bleiben. Hier sind elegantere IT-Lösungen künftig wünschenswert, um den Workflow möglichst ohne Ecken und Kanten zu gestalten. Dazu gehört auch der elektronische Datenaustausch mit dem MD, der auf Bundesebene bislang weitgehend uneinheitlich ist. Darüber hinaus wird der Medizincontroller künftig zunehmend Aufgaben wahrnehmen, die sich mit der strategischen Ausrichtung seines Krankenhauses befassen. Zusätzlich wird er hierbei das operative Geschäft begleiten, das durch die Strategie bestimmt wird.
KU: Welche Rolle werden IT-Lösungen für das Medizincontrolling spielen?
Wir sehen bereits heute einige vielversprechende Ansätze bei IT-Lösungen, die das Medizincontrolling zusammen mit anderen administrativen und auch patientennahen Bereichen nutzen kann. Ganz wichtig erscheint mir eine wirkliche elektronische Patientenakte im Krankenhaus, die alle Wege und Behandlungen des Patienten nachvollziehbar macht. Darauf aufbauend können dann Tools gesetzt werden, die mit schlauen Algorithmen oder auch Künstlicher Intelligenz zur Erlössicherung beitragen.
erschienen in KU 10/2020
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