Was es zu beachten gilt
Beim Erwerb oder Verkauf von Krankenhäusern hat sich in den letzten Jahren Compliance zu einem wichtigen Thema entwickelt. Dies bezieht sich auf Compliance im Rahmen der Transaktion selbst (Compliance im M&A-Prozess) als auch auf die Compliance in dem Krankenhaus, das veräußert werden soll. Mit letzterem befasst sich dieser Beitrag. Dabei ist es unerheblich, ob die Veräußerung im freien Markt oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgt.
Besonderes Interesse, etwas über die Compliance im zu veräußernden Krankenhaus zu erfahren, haben potenzielle Erwerber. Insbesondere beim Kauf von Gesellschaftsanteilen (sog. Share Deal) treffen den Erwerber alle Pflichten, die die vorherigen Gesellschafter auch betrafen. Daher ist es wichtig zu wissen, ob irgendwo Compliance- Risiken schlummern, die sich kostenmäßig oder möglicherweise sogar strafrechtlich auswirken können.
Ist das zu veräußernde Krankenhaus z.B. Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten oder mit Laboren eingegangen, sollte geprüft werden, ob diese angesichts der strafrechtlichen Regelungen zur Vermeidung von Korruption im Gesundheitswesen (§§ 299a, 299b ff. StGB) unbedenklich sind. Unterbleibt die Prüfung, wird aber die Kooperation fortgesetzt, treffen den Erwerber alle diesbezüglichen Risiken. Und auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit müssen diese Kooperationen bewertet werden. Erweisen sie sich als unzulässig, müssen sie beendet und gegebenenfalls neu gestaltet werden. Das kann sich spürbar auf die Einnahmen des Krankenhauses auswirken. Die Rentabilität des Krankenhauses kann gefährdet sein, wenn bestimmte Kooperationen nicht fortgesetzt werden.
Werden oder wurden in dem Krankenhaus Honorarkräfte eingesetzt? Wenn ja, muss der Umfang geklärt werden. Denn der Erwerber muss dann möglicherweise für Altlasten des Veräußerers (Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuern) aufkommen. Werden künftig unzulässigerweise Honorarkräfte eingesetzt, kann das den Tatbestand von § 266a StGB oder die korrespondierende Ordnungswidrigkeit nach § 8 Abs. 3 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz erfüllen.
Angesichts des zu erwartenden Unternehmensstrafrechts (vgl. Ettwig, KU-Gesundheitsmanagement, 11/2019, S. 68), darf nicht unterschätzt werden, wie wichtig es ist, schon vor Übernahme Risiken zu erkennen, für die später die Verantwortung übernommen werden soll. Schließlich ist die Klärung solcher Fragen auch kaufpreisrelevant. Stellt sich im Rahmen der Compliance- Prüfung heraus, dass Risiken existent sind, müssen diese bewertet und kaufpreismindernd berücksichtigt werden. Schon deswegen ist ein Compliance-Check aus Erwerbersicht lohnend. Aus Verkäufersicht lohnt es sich, einen Compliance-Check im Vorfeld der Veräußerung durchzuführen und etwaige Risiken noch selbst zu beheben. Je risikoärmer das zu verkaufende Krankenhaus, umso besser lässt sich ein guter Verkaufspreis erzielen. Ein Compliance-Check ohne negative Feststellungen ist dafür ein sehr gutes Argument.
Die Liste zu klärender Compliance Risiken ist lang: medizinische Leistungserbringung, Antikorruption, Compliance-Strukturen, Personalwesen, Datenschutz, Patientensicherheit usw.). Die verfügbare Zeit im Rahmen der Transaktion ist meistens leider kurz. Wichtig ist daher, auf Tools zurückzugreifen, die zwar keine vollumfassende Compliance-Überprüfung liefern, aber ihren Fokus auf die wichtigsten Risiken legen (z.B. Tsambikakis Compliance EasyCheck).Wichtig ist, dass in kurzer Zeit eine ordentlich dokumentierte Entscheidungsgrundlage erstellt wird, die die Risiken in ihrer wirtschaftlichen Dimension und hinsichtlich möglicher Strafbarkeitsrisiken abbildet.
Werden bei einer komprimierten Compliance-Analyse Probleme erkannt, müssen diese im nächsten Schritt natürlich weitergehend aufgeklärt werden. Dies ist für die noch im Amt befindliche Geschäftsleitung Pflicht, weil sie noch die Verantwortung für das Krankenhaus trägt. Die Erwerber werden die weitere Prüfung verlangen, weil das Ergebnis den Kaufpreis beeinflussen kann und weil sie strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Risiken für sich selbst vermeiden wollen.
Autor: Rechtsanwalt Volker Ettwig, Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB, ettwig@tsambikakis.com
Quelle: KU Gesundheitsmanagement 11/2020