Hennigsdorf/Oranienburg. Knapp 40 Prozent der älteren Patienten, die wegen einer körperlichen Erkrankung in einer Klinik behandelt werden, haben außerdem Gedächtnisbeeinträchtigungen, davon etwa 20 Prozent vom Schweregrad einer Demenz.
Foto: Koordinatorin Jenny Schmidt, Tagesbegleiterin Ira Schur, Tagesbegleiterin Veronika Schmidt, Koordinator Maik Dittmann (von links) vom IdA-Team der Oberhavel Kliniken GmbH.
Quelle: Oberhavel Kliniken GmbH/W. Klingenberg
Aus dieser Begleiterkrankung ergibt sich im Krankenhaus ein erhöhtes Risiko für Verwirrtheitszustände, Kranken-hausinfektionen, Mangelernährung und Stürze. Daher liegen diese Patienten oft länger in der Klinik, müssen häufiger verlegt werden, und es entsteht ein erhöhter Behandlungs- und Betreuungsaufwand.
Für das Pflegepersonal der somatischen Stationen bedeutet dies eine inhaltliche und zeitliche Herausforderung. Auch wünschen sich die Angehörigen häufig eine bessere Einbindung in den Behandlungsablauf.
Im Rahmen des Projektes „Interdisziplinäre demenzsensible Akutversorgung“ (IdA), das mit Mitteln in Höhe von 7,2 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des gemeinsamen Bundesausschusses (g-ba) der Bundesregierung für vier Jahre gefördert wird, können ältere Patientinnen und Patienten ab 70 Jahren mit kognitiven Beeinträchtigungen während ihres Aufenthalts in den Kliniken Oranienburg und Hennigsdorf der Oberhavel Kliniken GmbH ab sofort gezielt unterstützt werden. Denn dieses im Januar 2020 von Brandenburgs Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz, Ursula Nonnemacher, vorgestellte Gemeinschaftsvorhaben mehrerer Kliniken und Krankenkassen geht heute in die Praxis.
Das heißt, speziell geschultes Personal ermitteltet in Eingangsuntersuchungen den Hilfebedarf der am Projekt teilnehmenden Patienten sowie mögliche Betreuungsmaßnahmen. Speziell dafür eingesetzte Koordinatoren sammeln und führen alle für die Versorgung der Patienten notwendigen Informationen zusammen in Kooperation mit Angehörigen, ambulanten Behandlern und Pflegediensten.
Basierend darauf erstellen und terminieren sie die projektspezifischen Maßnahmepläne. Während des Krankenhausaufenthalts betreuen Tagesbegleiter die Patienten, strukturieren ihren Tag und entlasten damit das Pflegepersonal.
Ziel aller dieser Maßnahmen ist es, Patienten mit kognitiven Einschränkungen neben der Behandlung der eigentlichen Grunderkrankung sinnvoll zu aktivieren und deren Betreuung zu verbessern.
Sofern die definierten Projektziele wissenschaftlich bestätigt werden können, soll diese neue Versorgungsform in die Regelversorgung für alle dafür in Frage kommenden Versicherten aller Krankenkassen aufgenommen werden.
„Eine Behandlung im Krankenhaus kann für ältere Patienten und ihre Angehörigen sehr beunruhigend sein. Die vom Innovationsfonds der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Mittel geben uns die Möglichkeit, ältere Patienten bedarfsgerecht in ihrer Genesung zu unterstützen und Sicherheit zu vermitteln durch persönliche Ansprache und Zuwendung durch unsere Projektmitarbeiter, auch über den Krankenhausaufenthalt hinaus“, so
Dr. med. Heidi Müßigbrodt, Leitende Oberärztin der Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie der Klinik Hennigsdorf.
Zur erfolgreichen Umsetzung der „Interdisziplinären demenzsensiblen Akutversorgung“ hatte sich unter Führung
der Oberhavel Kliniken GmbH im Vorfeld ein Konsortium zusammengeschlossen, zu dem die Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH, die Klinikum Niederlausitz GmbH, die Klinikum Campus GmbH/ FamilienCampus LAUSITZ, die AOK Nordost – Die Gesundheitskasse, die AGENON Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Gesundheitswesen mbH sowie die Jäger Gesundheitsmanagement – JGM GmbH gehören. Die BAHN-BKK und die Knappschaft arbeiten mit dem Konsortium als Kooperationspartner zusammen.
An fünf Standorten der drei beteiligten Kliniken geht diese neue Versorgungsform an den Start. Die Qualität der Behandlung wird mit den Ergebnissen von Patienten dreier weiterer Kliniken verglichen auf der Grundlage von
Daten der Kliniken und der beteiligten Krankenkassen, der durchgeführten Bewertungen und Einschätzungen der Pflegepersonen und Angehörigen.
Durch „IdA“ soll sich die Zusammenarbeit innerhalb und zwischen verschiedenen Versorgungsbereichen, Versorgungseinrichtungen und Berufsgruppen bei der Betreuung älterer Patienten verbessern.
Im Erfolgsfall hilft diese neue Versorgungsform, sowohl die Behandlung im Krankenhaus zu verkürzen als auch die Wiedereinweisungsrate nach einem Krankenhausaufenthalt zu senken. Behandlungs- und Pflegefolgekosten, auch im ambulanten Bereich, könnten sich signifikant verringern.
Quelle: www.oberhavel-kliniken.de