Die Covid-19-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig Investitionen in die deutschen Krankenhäuser und die Krankenhausstruktur sind.
Ebenso wurde deutlich erkennbar, dass bei der Digitalisierung in den deutschen Kliniken noch enormes Potenzial schlummert. Dabei ist die Digitalisierung nicht nur für jedes einzelne Krankenhaus essenziell, sondern sie ist ein relevanter Treiber für die Modernisierung des Gesundheitssystems als Ganzes.
Mitte September 2020 hat der Deutsche Bundestag mit dem von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgelegten Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) und der damit einhergehenden Umsetzung des „Zukunftsprogramms Krankenhäuser“ in diesem Zusammenhang einen wichtigen Schritt gemacht: Von dem Investitionsprogramm von insgesamt 4,3 Milliarden Euro trägt der Bund 3 Milliarden Euro (70 Prozent). Aus dem dazu eingerichteten Krankenhauszukunftsfonds (KHZF) sollen Fördermittel im Wesentlichen für die Modernisierung von Notfallkapazitäten, die Digitalisierung und IT-Sicherheit abrufbar sein. Der Bund reagiert damit auf den Umstand, dass in den vergangenen Jahren das Gesamtvolumen der Mittel der Länder für Krankenhausinvestitionen nominal und preisbereinigt zurückgegangen ist und insbesondere in Digitalisierung und in eine moderne technische Ausstattung der Krankenhäuser in den letzten Jahren nicht in ausreichendem Maße investiert worden ist.
Der Krankenhauszukunftsfonds stellt die Förderung der digitalen Infrastruktur und die Verbesserung der IT-Sicherheit in den Mittelpunkt des neuen Zukunftsprogramms. Dabei wird nicht nur gefördert, sondern auch gefordert. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2025 ist von den Parteien der Pflegesatzvereinbarung ein Abschlag in Höhe von bis zu 2 Prozent des Rechnungsbetrags für jeden voll- und teilstationären Fall zu vereinbaren, sofern ein Krankenhaus nicht die vorgesehenen digitalen Lösungen bereitstellt. Das betrifft Patientenportale, Dokumentationssysteme, klinische Entscheidungsunterstützungssysteme, Medikationsmanagementsysteme und krankenhausinterne Leistungsanforderungssysteme. Wie wichtig die digitalen Bereiche für Krankenhäuser werden beziehungsweise bereits sind, zeigen neben der Covid-19-Pandemie auch aktuelle Fälle von Cyber-Kriminalität, von der Krankenhäuser ebenfalls betroffen sind.
Auch wenn durch das Investitionsprogramm sicherlich nicht alle in den letzten Jahren entstandenen Investitionslücken geschlossen werden können und auch die zukünftige Investitionsfinanzierung durch die Bundesländer nicht sichergestellt ist, setzt der Bund durch seine Hauptbeteiligung an den Investitionsvorhaben über den KHZF mit 3 Milliarden Euro ein erstes wichtiges Signal.
Was jetzt für Krankenhäuser wichtig wird
Um auf die bereitgestellten Investitionsmittel zugreifen zu können, sollten Krankenhausträger mehrere Punkte im Blick haben:
- Durch den beim Bundesamt für Soziale Sicherung eingerichteten KHZF werden ab dem 1. Januar 2021 durch den Bund 3 Milliarden Euro über die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt. Die Bundesländer und/oder die Krankenhausträger übernehmen weitere 1,3 Milliarden Euro der jeweiligen Investitionskosten. Zu beachten gilt, dass die Länder die Bundesmittel nur dann abrufen können, wenn sie oder die Krankenhausträger eigene Mittel in Höhe von 30 Prozent der Bundesmittel aufbringen. Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau können für Krankenhausträger im Rahmen eines ergänzend aufzulegenden Förderprogramms Darlehen bereitgestellt und zu attraktiven Konditionen vergeben werden.
- Bis zum 31. Dezember 2021 können die Bundesländer Förderanträge an das Bundesamt für Soziale Sicherung stellen. Bis dahin nicht beantragte Bundesmittel werden bis zum 31. Dezember 2023 an den Bund zurückgeführt. Bereits seit dem 2. September 2020 können die Krankenhausträger mit der Umsetzung von Investitionsvorhaben beginnen und den dadurch entstehenden Förderbedarf bei den Bundesländern beantragen. Neben Investitionsvorhaben von einzelnen Plankrankenhäusern können länderübergreifende Investitionsvorhaben und Investitionsvorhaben von Universitätskliniken (10 Prozent des Fördervolumens des jeweiligen Landes) über den Fonds gefördert werden.
- Gefördert werden solche Projekte, die auf „moderne Notfallkapazitäten, eine digitale Infrastruktur zur besseren internen und sektorenübergreifenden Versorgung“ abzielen. Konkret sollen aus dem Fonds Investitionen für die Einrichtung von Patientenportalen für ein digitales Aufnahme- und Entlassmanagement, Systeme zum elektronischen Medikationsmanagement oder Projekte zum Aufbau einrichtungs- und trägerübergreifender IT-Strukturen finanziert werden. Darüber hinaus sollen Notaufnahmen räumlich und technisch aufgerüstet und IT- und Cybersicherheit verbessert werden. Mindestens 15 Prozent der für die Förderung eines Vorhabens beantragten Mittel sind für mehr IT-Sicherheit zu verwenden. Zusätzlich können die Investitionssummen ebenfalls für erforderliche personelle Maßnahmen eingesetzt werden.
Darüber hinaus sind im Krankenhauszukunftsgesetz weitere Punkte geregelt
- Um eine zeitliche Überschneidung des Krankenhausstruktur- und des Krankenhauszukunftsfonds zu vermeiden, soll die Laufzeit des 2016 erstmals aufgelegten und 2018 fortgesetzten Krankenhausstrukturfonds (II) um zwei weitere Jahre bis 2024 verlängert werden.
- Erlösrückgänge, die Krankenhäusern im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr 2019 wegen der Corona-Pandemie entstanden sind, sollen auf Verlangen der Einrichtung in Verhandlungen mit den Kostenträgern krankenhausindividuell ermittelt und ausgeglichen werden. Für den Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis Ende 2021 können für nicht anderweitig in Krankenhäusern finanzierte Mehrkosten, wie zum Beispiel persönliche Schutzausrüstungen, krankenhausindividuelle Zuschläge vereinbart werden.
- Die Covid-19-Pandemie verursacht viele Herausforderungen und eine besondere Belastung für Pflegekräfte und andere Beschäftigte im Pflege- und Krankenhausbereich. Im Mai 2020 wurden in diesem Zusammenhang als Ausgleich zunächst für den stationären und ambulanten Pflegesektor Prämienzahlungen bereitgestellt. Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz soll nun dafür Sorge getragen werden, dass auch Pflegekräfte in Krankenhäusern und Kliniken, die durch die Versorgung von Covid-19-Patienten besonders belastet waren, einen Bonus von bis zu 1.000 Euro erhalten. Der Bund stellt hierfür 100 Millionen Euro zur Verfügung.
- Im Bereich der Pflege werden wesentliche aufgrund der Covid-19-Pandemie geschaffene und bisher temporäre Regelungen zur finanziellen Entlastung und Unterstützung von Pflegeeinrichtungen, Pflegebedürftigen und deren Angehörigen verlängert.
Evaluierung des digitalen Reifegrades
Das Bundesministerium für Gesundheit plant, dass die unterschiedlichen Förderungen im Nachgang evaluiert werden. Es soll eine Untersuchung in Auftrag gegeben werden, mit der ermittelt werden soll, inwiefern die Fördermittel direkt oder indirekt auf die Optimierung des digitalen Reifgrades der deutschen Krankenhauswelt Einfluss nehmen oder genommen haben. Hinzukommend sollen die Krankenhäuser eine Selbstevaluation („strukturierte Selbsteinschätzungen“) durchführen.
Die vollständige Version dieses Artikel erscheint in der Januar-Ausgabe der KU Gesundheitsmanagement.
Die Autoren:
Prof. Dr. Heinz-Uwe Dettling leitet den Bereich Life Sciences Law bei EY. Er berät seit über 20 Jahren nationale wie internationale Unternehmen aus dem Life-Sciences- und Healthcare-Sektor in allen Fragen des Gesundheitswirtschaftsrechts.
Rebekka Reckel ist Associate Partner bei EY und berät Krankenhäuser zu strategischen und operativen Fragen – nicht nur in akuten Krisensituationen wie im Sanierungsfall, sondern auch bei langfristigen Weichenstellungen. Vor EY war die Juristin in führenden Positionen im Krankenhausmanagement tätig.