
Die Zahl der gegen das neuartige Coronavirus Geimpften wächst nur langsam – noch steht nicht genügend Impfstoff zur Verfügung.
Der offizielle Impfstart der Pfizer/BioNTech-Vakzine in den Mitgliedsstaaten der EU wurde für den 27.12.2020 in Folge der Zulassung am 21.12.2020 durch die EMA terminiert. Die EU-Zulassung für den ebenfalls mRNA-basierten Impfstoff des US-amerikanischen Unternehmens Moderna erfolgte am 6. Januar 2021 und beide Impfstoffe waren schon vorher durch Notfallzulassungen in den USA und Großbritannien freigegeben worden. Weitere zeitnahe Zulassungen, wie zum Beispiel für die Vakzine von AstraZeneca, sind geplant.
Entwicklung
In vielfacher Hinsicht stellen die Impfstoffe von Pfizer/BioNTech und Moderna erhebliche Neuerungen auf dem Gebiet der Impfstoffentwicklung dar. Zum einen ist es eine Premiere, dass ein Impfstoff basierend auf mRNA-Technologie weltweit zugelassen wird. Zum anderen sind der Zeitraum sowie die Wirksamkeit erstaunlich: Während die Entwicklung kommerziell verfügbarer Impfstoffe oft mehrere Jahre in Anspruch nimmt, hat es bei Moderna nach Erhalt der Virussequenz bis zur ersten klinischen Charge des fertigen Impfstoffes lediglich 25 Tage gedauert. Nur neun Monate später wurde die dritte und letzte klinische Phase der Studie abgeschlossen. Unter anderem konnten die Firmen den Erprobungszeitraum signifikant verkürzen, indem sie die klinischen Testphasen mit zeitlicher Überschneidung durchführten. Die U.S. Food and Drug Administration hat im Juni 2020 für die Zulassung von COVID-19 Impfstoffen eine Mindestgrenze von 50 % Wirksamkeit gesetzt, die von beiden mRNA-Vakzinen mit 94 % bis 96 % deutlich übertroffen wurde. Es gibt jedoch auch Rückschläge in der aktuellen Forschung: Die Fertigstellung der Vakzine von Sanofi-GSK wurde auf Ende 2021 verschoben, nachdem in Studien eine unzureichende Immunantwort in der Altersgruppe über 49 Jahren erzielt wurde. Ursprünglich war dieser Impfstoff mit großen Hoffnungen verbunden, da er auf Basis eines bereits in den USA zugelassenen, rekombinanten Influenza-Impfstoffes entwickelt wurde. So hatte die EU im September 2020 einen Kaufvertrag über 300 Mio. Dosen abgeschlossen.
Impfkampagne in Deutschland
Für 2021 entfallen über den Verteilschlüssel der EU 60 Mio. Dosen der Pfizer/BioNTech- (plus eine nationale Option über 30 Mio.) und 50 Mio. der Moderna-Vakzine auf Deutschland. Durch Schaffung zusätzlicher Produktionskapazitäten mit einem neuen BioNTech-Werk in Marburg ist zudem geplant, dieses Jahr weitere 100 Mio. Dosen herzustellen. Abhängig von weiteren Zulassungen erhält Deutschland außerdem Impfstoffdosen von CureVac (vsl. Q2“21, ~60 Mio.), AstraZeneca (vsl. Q1“21, 56 Mio.) sowie Johnson&Johnson (vsl. Q1“21, 37 Mio.). Pro gekaufter Impfstoffdosis betragen die Preise in der EU für die Varianten zwölf bzw. knapp 15 Euro. Die Kosten für den Impfstoff wird der Bund tragen. Die Organisation und der Aufbau der Impfzentren wird anteilig über die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenkassen, die Länder sowie die privaten Krankenkassen finanziert. Impfungen gegen das Coronavirus in Arztpraxen werden als übliche, ärztliche Leistungen über die privaten und gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet. Grundsätzlich werden im Rahmen der nationalen Impfstrategie Personengruppen anhand medizinischer und beruflicher Indikation sowie nach dem Alter und dem Bewohnen von Pflegeheimen priorisiert. Dem Robert-Koch-Institut zufolge wurden bis zum 19. Januar 2021 knapp 1,25 Mio. Menschen in Deutschland geimpft. Die größte Anzahl der Impfungen stellt bisher mit circa 621.000 Stück die Gruppe der beruflichen Indikationen, also dem Medizin- und Pflegepersonal, dar. Im Januar hat die EU mit dem Kauf von 300 Mio. zusätzlichen Dosen eine Verdopplung der ursprünglichen Impfstoffmenge von Pfizer/ BioNTech geplant. Somit soll die Impfung von 380 Mio. Menschen, also über 80% der EU-Bevölkerung, möglich werden.
Autor: Richard Overödder, Sector Manager HealthCare, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
erschienen in KU Gesundheitsmanagement 02/2021