Teil 1: Anforderungen und Aufgaben

Dies ist der erste Teil einer Serie zu Anforderungen an einen Compliance-Beauftragten im Krankenhaus und zu dessen Aufgaben. Der Beitrag wird im nächsten Heft fortgesetzt.
Die Einführung von Compliance-Management ist nicht mehr eine Frage des „ob“, sondern Krankenhäuser müssen überlegen, „wie“ sie hier Compliance- Management organisieren. Die Einstellung eines Compliance-Beauftragten erscheint bei mittleren und großen Krankenhäusern alternativlos. Doch welche Voraussetzungen muss ein Compliance-Beauftragter mitbringen?
Fachliche Anforderungen
Fachlich geeignet sind für diese Aufgabe insbesondere Personen mit juristischer und/oder kaufmännischer Ausbildung. Entscheidender als der fachliche Background ist jedoch die gute Kenntnis compliancerelevanter Themen im Krankenhaus.
Durch spezielle Healthcare Compliance-Ausbildungen, die z.B. von verschiedenen Hochschulen berufsbegleitend angeboten werden, können Wissenslücken in kurzer Zeit geschlossen werden. Wer bereits nach einem Compliance-Beauftragten Ausschau gehalten hat, wird festgestellt haben, dass diese schwer zu finden sind. Alternativ sollte daher darüber nachgedacht werden, einen bereits im Krankenhaus vorhandenen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin fachlich auf die Position des Compliance-Beauftragten weiterzuentwickeln. Das hat den Vorteil, dass bei Übernahme der Funktion bereits Kenntnisse vom Krankenhaus und seinen Strukturen vorhanden sind.
Schlagkraft
Die Entlastungswirkung, die die Geschäftsleitung durch Implementierung eines Compliance-Beauftragten erreichen möchte, hängt davon ab, welche „Schlagkraft“ sie ihm zugesteht. Ohne hinreichende Kompetenzen des Compliance-Beauftragten verbleibt die Verantwortung für Verstöße in vollem Umfang bei der Geschäftsleitung. Deshalb ist es erforderlich, in einer Stellenbeschreibung Aufgaben und Kompetenzen genau festzulegen.
Kompetenzen
Dem Compliance-Beauftragten sollten eigene Kompetenzen zur Aufklärung von Compliance-Vorfällen eingeräumt werden. Ihm sollte ein Recht auf Einsichtnahme in sämtliche betriebliche Unterlagen gestattet werden. Auf der anderen Seite muss ihm die Verpflichtung übertragen werden, das Compliance-Management des Krankenhauses immer auf aktuellem Stand zu halten. Durch Schulungen etc. muss er sicherstellen, dass das Compliance-Bewusstsein unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stetig wächst.
Um seine Aufgaben effektiv wahrnehmen zu können, sollte er über ein eigenes Budget in angemessener Höhe verfügen. Im Notfall muss es allerdings möglich sein, dass der Compliance-Beauftragte erforderliche fachliche Expertise auch darüber hinaus hinzuziehen kann. Die Aufklärung eines konkreten Compliance-Verdachts darf nicht davon abhängen, dass inhaltliche Fragen nicht zeitnah geklärt werden können. Überdies ist erforderlich, die Berichtswege des Compliance-Beauftragten im Vorhinein festzulegen.
Es muss klar geregelt sein, in welchen Fällen sich ein Compliance-Beauftragter an z.B. den Aufsichtsrat oder sonstige zu benennende Stellen (bei kirchlichen Trägern z.B. die übergeordnete Revision) wenden darf. Geregelte Berichtswege sind u.a. erforderlich, wenn es Verdachtsmomente gegen die Geschäftsleitung als Ganzes geben sollte. Richtet sich hingegen ein Verdacht nur gegen ein einzelnes Mitglied der Geschäftsführung oder Teile der Geschäftsführung, besteht immer noch die Möglichkeit, dass die verbleibenden Mitglieder der Geschäftsleitung die erforderlichen Entscheidungen treffen.
Autor: Volker Ettwig, Rechtsanwalt, Certified Compliance Expert, Standortleiter Berlin, Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB
erschienen in KU Gesundheitsmanagement 08/2021