…Dr. med. Christian Elsner, Kaufmännischer Vorstand, Universitätsmedizin Mainz

Welche Ihrer Vorzüge werden verkannt?
Ich lebe die Kultur „auch mal Scheitern zu dürfen“ und glaube, dass der Satz aus der Start-up-Szene „Fail Fast – Learn Faster“ zutrifft. Wenn ich das praktiziere, erlebe ich manchmal, dass Leute das Potenzial dahinter verkennen. Natürlich ist es in der Healthcare-Branche nicht überallmöglich, so vorzugehen bzw. Scheitern darf keine Gefährdung bedeuten. Aber ich denke, dass die Summe der Erkenntnisse auch aus einem potenziell scheiternden Projekt immer größer ist, als ein Thema auszusitzen. Nicht nur in Start-ups, sondern grade in großen komplexen Organisationen gibt es oftmals gar keine andere Möglichkeit, etwas über Zusammenhänge zu lernen. Die regelmäßigen Hackathons an der Unimedizin Mainz sind eine Extremform dieser Philosophie: Zwar „Scheitern“ über die Hälfte der Projekte, aber führen zu einer Menge Teamgeist und Lernen im Team. Die Energie und das Lernen wird dann aber meist in einen neuen Ansatz eingebracht – der eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit hat, zu klappen, als er es vor dem „Scheitern“ gehabt hätte.
Was war Ihre größte Fehlentscheidung und was haben Sie daraus gelernt?
Ich glaube tatsächlich, dass ich das Thema „diverser“ Teams unterschätzt habe. Früher habe ich bei Teamzusammensetzungen nicht so sehr darauf geachtet. Aber ich muss zugeben, dass mich die Ergebnisse in echten diversen Teams inzwischen überzeugt haben. Bei unserem Partner IBM erlebe ich das sehr prägnant – IBM hat sehr konsequent schon über Jahrzehnte u.a. mit „Girls Days“ o.ä. die Mischung in seinen Teams in gutem Gleichgewicht gestaltet. Die Fähigkeit, mit Nutzern zu interagieren, Schwingungen aufzugreifen und in den Projektkontext zu übersetzen, steigt mit dieser Zusammensetzung enorm. Digitalisierungsprojekte sind ein gutes Beispiel, in denen dies unterschätzt wird. Auch IT Projekte haben eben nur zu einem Teil auch mit der eigentlichen IT zu tun. Der Rest sind Prozesse, Befindlichkeiten und klassische Projektarbeit. Inzwischen klappt das auch in unseren eigenen Teams gut und mein Learning ist, dass ich sehr auf die Teamzusammensetzung achte. Ich denke, das hätte ich auch schon vor 10 Jahren erfolgreicher einsetzen können.
Welches politische Projekt sollte schnell umgesetzt werden?
Ich glaube, die Transition in die ambulante Medizin sollte politisch noch mehr beschleunigt werden und Krankenhäusern echte und bessere Anreize gegeben werden, dies zu tun. Wir erleben gerade, dass schon der nächste Trend einsetzt: Einige ambulante Behandlungen werden schon zu digitaler Medizin und wir haben den ersten Trend noch gar nicht richtig ausgeschöpft.
Was ertragen Sie nur mit Humor?
Komplizierte Menschen und schwierige Verhandlungen. Wenn ich so nachdenke, habe ich sogar in meinen Vorlesungen und Seminaren zu „Verhandlungen“ eine explizite Folie, bei der ich Humor ausdrücklich auch anderen empfehle. Das ist natürlich eine Gratwanderung – es darf nicht zynisch wirken und es muss wohlformuliert sein, sonst hat es ganz gegenteilige Wirkung und verfehlt seinen Zweck. Aber richtig eingesetzt habe ich schon den einen oder anderen Verhandlungserfolg damit erzielen können.
Wie können Sie am besten Stress abbauen?
Ich bin begeisterter Drohnenpilot und liebe es, Film- und Fotoaufnahmen aus verrückten Winkeln und Perspektiven zu machen. Zusammen mit meiner 6-jährigen Tochter sind dabei schon viele tolle Aufnahmen entstanden, die unsere Wohnung zieren und mich und meine Familie begeistern.
Quelle: KU Gesundheitsmanagement 08/2021