Der Experten-Standpunkt in der KU Gesundheitsmanagement

Erfolgreiches Marketing ist immer einfach. Es gründet sich auf solide Arbeit bei Produkten und Dienstleistungen – und, am wichtigsten, auf Wahrheit. Diesem Zitat des amerikanischen Hochschullehrers Michael J. Pabst folgend ist es kein Wunder, dass die staatliche Impfkampagne nie so richtig in Schwung kam. Sie wirkte altbacken, belehrend sowie rechthaberisch und verspielte mit unnötigen falschen Versprechungen („Wird es eine gesetzliche Impfpflicht geben? Nein. Es wird keine Impfpflicht geben.“) Vertrauen bei der relevanten Zielgruppe. Dass Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit falschen Zahlen für die Impfung warben, hat der Kampagne zudem einen Bärendienst erwiesen.
Wie es besser geht, zeigte Ende letzten Jahres Christoph Maria Herbst in seiner Paraderolle als Bernd Stromberg in Spots der Produktionsgesellschaft Brainpool, die ohne öffentliche Gelder und weitestgehend ohne Gagen auskamen. Auch die 150 bekannten Brands, die seit dem 7. Dezember in der Bild-Zeitung und in den sozialen Medien mit ihren umformulierten Claims auf sympathische Weise fürs Impfen warben, haben einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass die Bundesregierung ihr Ziel, bis Weihnachten 30 Millionen weitere Corona-Schutzimpfungen zu schaffen, am Ende doch noch erreichen konnte. Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts appinio ergab, dass über die Hälfte der Befragten die Botschaften wie „Freude am Impfen“, „Das einzig Wahre: geimpft“ oder „impfen, ich liebe es“ wahrgenommen haben. Und in den sozialen Medien hat die Reichweite der Kampagne innerhalb weniger Tage die 500-Millionen-Schallmauer durchbrochen.
In der Folge haben sich über 1.000 weitere Unternehmen #ZusammenGegenCorona angeschlossen. Darunter auch Krankenhäuser. Die privatwirtschaftlich geführten Gesellschaften waren ohne langes Zögern und mit pfiffigen Ideen dabei, zum Beispiel Asklepios mit dem Slogan „Geimpft werden. Gesund bleiben.“, die Rhön-Klinikum AG mit „Impfen statt Schimpfen“ und die Hospital Management Group wies unter dem Motto „Impfen aus Überzeugung und Leidenschaft“ darauf hin, dass in allen von ihr geführten Krankenhäusern Covid-Impfungen angeboten werden. Obwohl kommunale und christliche Häuser mit vielen individuellen Aktionen die Impfkampagne unterstützt haben, musste man sie auf brandsgegencorona.de allerdings mit der Lupe suchen. Lediglich sechs öffentlich-rechtliche und sogar nur vier freigemeinnützige Träger wurden auf der Kampagnenhomepage zum Jahreswechsel als registrierte „Impfluencer“ ausgewiesen. Dass hier leichtfertig auf Sympathiepunkte, die man ohne großen Aufwand hätte einfahren können, verzichtet wurde, ist leider symptomatisch für die Branche, in der das Marketing nach wie vor zu häufig ein Schattendasein fristet.
Gerade in Pandemiezeiten, in denen die Belegungszahlen auch deswegen zurückgehen, weil Patienten einen Krankenhausaufenthalt meiden, geht es darum, die eigenen Stärken herauszustellen und das Vertrauen der Zielgruppe zu gewinnen. So wird Marketing für das Krankenhaus überlebensnotwendig. Trotzdem gibt es nach wie vor viele Kliniken, deren Verantwortliche dem Nutzen der verschiedenen Marketinginstrumente auch im Jahr 2022 noch überaus skeptisch gegenüberstehen. Das muss sich ändern. Denn „Impfen lohnt sich.“ Marketing auch.
Autor: Dr. Nicolas Krämer, Autor und Klinikgeschäftsführer, Hospital Management Group GmbH
erschienen in KU Gesundheitsmanagement 2/2022