Industrie muss beim Datenzugang besser einbezogen werden
Berlin. Die Krankenhäuser in Deutschland stehen noch am Anfang der Digitalisierung. Das verdeutlichten die Expert:innen der digitalen KrankenhausZukunftsKonferenz (KhZK) der BVMed-Akademie am 24. März 2022. Die Konferenz blickte auf ein Jahr Krankenhaus-Zukunftsfonds zurück. Prof. Dr. Sylvia Thun, Direktorin der Core-Unit „eHealth und Interoperabilität“ am Berliner Institut für Gesundheitsforschung, stellte auf dem BVMed-Event den aktuell erhobenen digitalen Reifegrad in deutschen Krankenhäusern vor: „Durchschnittlich haben die deutschen Krankenhäuser 33,25 Punkte von 100 erreicht, was nicht viel ist.“ Besonders ausbaufähig sei die Interoperabilität und Patient:inneneinbindung. „Wir brauchen die Industrie, um Interoperabilität gemeinsam zu entwickeln“, so Thun. Um mehr Akzeptanz für die Digitalisierung zu ermöglichen, sei es außerdem wichtig, „Patient:innen und Klinikpersonal von den Potenzialen der Digitalisierung zu überzeugen“, so Markus Holzbrecher-Morys, Geschäftsführer IT, Datenaustausch und eHealth der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Er plädierte dafür, dass die Betriebskosten auch nach 2025 gefördert werden. Um Prozesse und Produkte optimieren zu können, müsste die Industrie beim Datenzugang besser einbezogen werden, hob Marcus Wiegmann, BVMed-Vorstandsmitglied und Geschäftsführer von Stryker, hervor.
Mit einem umfangreichen Investitionsprogramm in der letzten Legislaturperiode wurde den deutschen Krankenhäusern ein digitales Update ermöglicht. Seit dem 1. Januar 2021 werden Krankenhäusern bis zu 4,3 Milliarden Euro bereitgestellt, um in digitale Infrastruktur, moderne Notfallkapazitäten und IT-Sicherheit zu investieren. In einer gemeinsamen Paneldiskussion mit Beteiligten der Krankenhäuser, Ärzteschaft, Forschung und Industrie wurden die Ergebnisse des digitalen Reifegrads besprochen und der Frage nachgegangen, wie eine nachhaltige Nutzung der Krankenhauszukunftsfonds sichergestellt werden kann. Hat Deutschland das beste Gesundheitssystem der Welt? Dieser verbreiteten These widersprach Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Essen, in der Diskussion. Denn „Deutschland hat die Digitalisierung über Jahrzehnte unfassbar vernachlässigt“, so Werner.
Wie sehr die Digitalisierung in den Krankenhäusern vernachlässigt wurde, machte Prof. Dr. Sylvia Thun deutlich. Die Direktorin der Core-Unit „eHealth und Interoperabilität“ am Berliner Institut für Gesundheitsforschung stellte den durch das Konsortium Digitalradar erhobenen digitalen Reifegrad der deutschen Krankenhäuser vor. „Durchschnittlich haben die deutschen Krankenhäuser 33,25 Punkte von 100 erreicht, was nicht viel ist. Wir haben es aber auch nicht anders erwartet“, so Thun. Der niedrigste Wert lag bei 3,27 Punkten, der höchste bei 63,87. Einen deutlichen Nachholbedarf gäbe es in den Dimensionen der klinischen Prozesse, des Informationsaustauschs, der Telehealth und der Patient:innenpartizipation. „Alles was digital mit Patient:innen zu tun hat, das können wir in Deutschland nicht“, erläuterte sie. Positiv sei jedoch, dass bei vielen Krankenhäusern die Basis hinsichtlich der Strukturen und System für Interoperabilität und strukturierte Datenwiedergabe auf dem richtigen Weg sei – und beides ist laut Thun ausschlaggebend für die erfolgreiche, weitere Digitalisierung der Krankenhäuser.
Quelle: BVMed