
Im Gesundheitswesen stehen die Patientinnen und Patienten im Fokus der Kommunikation. Während mit den Hausärztinnen und Hausärzten, dem Krankenhaus- und Pflegepersonal ein persönlicher Austausch stattfindet, zählen darüber hinaus auch Mitarbeitende von Kostenträgern und Medizintechnikunternehmen sowie Politikerinnen und Politiker zu den beteiligten Akteuren in einem komplexen und heterogenen Umfeld.
In den vergangenen Jahren hat die fortschreitende Digitalisierung für das Gesundheitswesen neue Potenziale in der Kommunikation eröffnet, die eine Effizienzsteigerung für alle beteiligten Akteure ermöglicht. Durch den Einsatz von beispielweise Telemedizin, E-Health, Big Data, Künstlicher Intelligenz und Robotik können beschleunigte Behandlungsprozesse, individualisierte Sofortbehandlungen, frühere Erkennungen von Krankheiten, zielführende Einleitungen präventiver Maßnahmen, reduzierte Gefahren von Nebenwirkungen, gestiegene Transparenz für Patientinnen und Patienten sowie Entlastungen des medizinischen Personals erreicht werden. Ein positiver Nebeneffekt dieser Auswirkungen kann beispielsweise sein, dass dem Fachkräftemangel und demografischen Wandel in Deutschland mit einer zunehmend älteren Bevölkerungsstruktur ein Stück weit entgegnet wird. Auf der einen Seite „gefährdet“ die Verfügbarkeit digitaler Medien den hohen Stellenwert persönlicher Kommunikation zwar gewissermaßen, doch auf der anderen Seite können moderne Informations- und Kommunikationstechnologien zu einer Entlastung bei alltäglichen operativen Aufgaben führen – und somit mehr Zeit für die persönliche Interaktion mit Patientinnen und Patienten einräumen, um deren Bedürfnisse, Sorgen und Wünsche zu berücksichtigen.
Der Status quo zeigt, dass der Stand der Digitalisierung in Deutschland noch ausbaufähig ist. Viele analoge Prozesse wie beispielsweise die Dokumentation von Patientendaten, die Terminvergabe oder die Aktenaufbewahrung wurden zwischenzeitlich digitalisiert. Da jedoch häufig gesetzliche Verpflichtungen die Grundlage für Digitalisierungsprojekte darstellen, fokussieren sich beteiligte Akteure in erster Linie auf die Erfüllung der Vorgaben. Wie die vielzähligen, gewonnenen Daten abteilungs- und bereichsübergreifend weiterverwendet werden können, wird indes häufig außer Acht gelassen. Neben technischen Herausforderungen stellen hierzulande auch datenschutzrechtliche Vorgaben eine Hürde bei der Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben dar.
Um die Potenziale ausschöpfen zu können, ist zunächst der Aufbau von digitalem Know-how und die Etablierung einer digitalen Denkweise bei allen Beteiligten in einer Organisation notwendig. Statt der reinen, elektronischen Erfassung zuvor analog gesammelter Daten müssen im Folgenden übergreifende Geschäftsprozesse digitalisiert und aufgrund veränderter Rahmenbedingungen ganze Ablauforganisationen umstrukturiert werden. Anschließend und über die Organisationsgrenzen hinweg ist ein interdisziplinärer Austausch zwischen den Akteuren eine notwendige Grundvoraussetzung, um das Gesundheitswesen zukunftsfähig aufzustellen.
Fazit
Kommunikation innerhalb von Organisationen und über Organisationsgrenzen hinweg ist der wesentliche Treiber, um interdisziplinäre Teams und heterogene Akteure zielführend miteinander zu vernetzen. Es bedarf einer neuen Art der Zusammenarbeit und Umstrukturierungen von Ablauforganisationen, um mithilfe eines umfassenden Austauschs beispielsweise sich bietende Potenziale der Digitalisierung nutzen zu können – sprich Ressourcen zu schonen, Entlastung zu schaffen und die gesundheitliche Versorgung weiterzuentwickeln. Im Zuge dessen müssen individuelle Lösungen gefunden werden, die für die einzelnen Bereiche und für das Gesamtkonstrukt passend sind.
Autor: Richard Overödder, Manager Healthcare, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, roveroedder@kpmg.com
Erschienen in KU Gesundheitsmanagement 05/2022