Felix Dorn, Verantwortlicher Smart Health Academy & Patient Reported Outcomes by m.Doc GmbH, Board Member der ICMG Initiative Change Management im Gesundheitswesen

Welche Ihrer Vorzüge werden verkannt?
Wow. Eine sehr persönliche Frage, die ich aber gern beantworte. Denn nichts ist so verhängnisvoll im Lebenslauf, wie in seinen Fähigkeiten oder Vorzügen verkannt zu werden. Gerade Vorzüge werden meist von weichen Faktoren ausgemacht, die einen häufig erst wirksam machen. Diese „Findungszäsur“ habe auch ich tatsächlich hinter mich bringen müssen, wie wahrscheinlich jede Führungskraft. Meine Vorzüge, die ich lange nicht richtig sortierte und auch in der Vermittlung von Fähigkeiten bei Personalern eine eher untergeordnete Rolle spielten, sind mein konsequent generalistischer Ansatz auf allen Ebenen und meine Netzwerker-Qualitäten. Gerade der Vorzug mit einem diagonalen Blick durch die Aufgabe oder das eigene Unternehmen, um erforderliche Netzwerkkonstellationen zu erkennen (intern wie extern) und rasch umzusetzen, habe ich aus der Politik mitgebracht. Die Fähigkeit, die Meta- mit der Mikroebene verschmelzen zu können. Klingt tatsächlich auch heute noch etwas kompliziert und wahrscheinlich muss ich hier eingestehen, dass einige Personen diese Vorzüge und den damit verbundenen Prozessnutzen immer noch nicht richtig verstehen. Herrje, ich werde also tatsächlich hier und da immer noch verkannt.
Was war Ihre größte Fehlentscheidung und was haben Sie daraus gelernt?
Lassen Sie es mich anders formulieren. Wo habe ich für mich persönlich den größten Entwicklungssprung provoziert? Auch ich bin natürlich einmal jünger und unreifer gewesen und habe durchaus in verschiedenen Momenten Systeme und Unternehmensentscheidungen zu persönlich genommen. Die Folge war ein zu früher Wechsel. Heute kenne ich den Wert, mit einem Unternehmen durch gute und auch schlechte Phasen zu gehen. Diese Erfahrung ist unbezahlbar und bleibt einem vorenthalten, wenn man sich zu früh auf den Weg macht. „Sitzfleisch“ ist deshalb für mich ein zentrales Element, um sich persönlich am intensivsten weiterzuentwickeln.
Welches politische Projekt sollte schnell umgesetzt werden?
Für mich ist die Reform des Pflegeberufes ein zentrales Thema, mit dem wir auf geeignete und nachhaltige Weise den Arbeitskräftemangel aus eigener Kraft bewältigen können und darüber hinaus einen enormen Dienst für das Modell der Patientenzentrierung leisten können. Konkret bedeutet dies für mich den Ansatz der Exzellenten Pflege nicht nur zu erkennen, sondern in Form von neuen Berufsgruppen zu definieren und damit Einfluss auf alte Denkweisen der Versorgung zu nehmen. Selbstverständlich gehört hierzu auch die enge Verzahnung von Leistung und Digitalisierung dazu. Gerade in den KHZG-Projekten sehen wir wie eng künftige Tätigkeitsfelder mit Prozess-Anwendungen verzahnt sind. Eine enorme Chance, um auch Berufsgruppen neu überdenken zu können.
Was ertragen Sie nur mit Humor?
Die leider immer noch häufig bestehende Kommunikationskluft zwischen Management und ärztlichen Diensten. Das Gesundheitswesen ist eine so wundervolle Branche, in der wir uns auf Basis unserer individuellen Leistung eigentlich den ganzen Tag gegenseitig loben könnten. Und zwar zu Recht. Würden sich alle dieser Situation wirklich bewusst sein, würden wir jedes Projekt im Team zu jedem Zeitpunkt mit einer unglaublichen Wertschätzung beginnen. Das würde vieles leichter machen. Vielleicht begreifen wir dies irgendwann einmal. Bis dahin nehme ich es mit Humor.
Wie können Sie am besten Stress abbauen?
Mit konsequenten Brüchen. Handy weglegen, alte Urlaubsfotos anschauen und mit meiner Frau über unsere private Zukunft sprechen. Da spielt der Beruf idealerweise keine Rolle mehr.
Quelle: KU Gesundheitsmanagement 5/2022