Eine Herausforderung für Personalwesen und Compliance gleichermaßen

Der Beitrag beleuchtet die deutlich gestiegenen Anforderungen des Nachweisgesetzes, das nun erstmalig auch eine Bußgeldregelung enthält.
Im Nachweisgesetz sind schon zum1.8.2022 zahlreiche Erweiterungen in Kraft getreten, die Krankenhäuser unbedingt im Blick behalten sollten. Zwar ist das Nachweisgesetz als solches nicht neu. Aber es führte ein Schattendasein, weil Verstöße nahezu folgenlos blieben. Erst nach und nach ergaben sich auch Folgen, indem z.B. die Rechtsprechung Schadenersatzansprüche anerkannte. Das Nachweisgesetz wird in der Praxis regelmäßig durch Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages erfüllt. Nun aber sind die Anforderungen deutlich gestiegen und eine Bußgeldvorschrift ist neu hinzugekommen.
Der Katalog der aufzunehmenden Inhalte ist auf 15 Ziffern angewachsen. Und soweit nicht auf Tarifverträge verwiesen werden kann, müssen tatsächlich alle Punkte in die Arbeitsverträge aufgenommen werden. Bei der Verweisung auf einen Tarifvertrag wird eine allgemeine Klausel wohl kaum ausreichen. Mit Blick auf jüngere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dürfte ein sogenannter qualifizierter Verweis erforderlich werden. Das bedeutet, dass zumindest erkennbar werden muss, welche Norm des Tarifvertrages in Bezug genommen wird. Kurze und knappe Arbeitsverträge, wie sie z.B. oft bei Krankenhäusern katholischer Trägerschaft durch Verweis auf die AVR vorkommen, werden wohl bald der Vergangenheit angehören. Und diese hohen Anforderungen gelten auch dann, wenn Tätigkeiten z.B. in Form eines Minijobs ausgeübt werden sollen oder wenn es sich nur um eine kurzfristige Beschäftigung handelt.
Die gesteigerten Anforderungen gelten für alle Arbeitsverhältnisse, die seit dem 1.8.2022 begonnen haben. Maßgeblich ist der Arbeitsbeginn, nicht der Zeitpunkt, in dem der Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Bereits laufende Arbeitsverhältnisse sind also nicht betroffen. Aber Vorsicht! Im laufenden Arbeitsverhältnis kann von Mitarbeitenden ein entsprechender Nachweis vom Krankenhaus verlangt werden. Dieser Pflicht muss innerhalb kurzer Fristen (je nach Inhalt zwischen sieben Tagen und einem Monat) nachgekommen werden.
Die Arbeitsbedingungen sind schriftlich niederzulegen, sie sind zu unterzeichnen und dem Mitarbeitenden auszuhändigen. Einfachere Möglichkeiten, z.B. eine Bestätigung per E-Mail, reichen nicht aus. Damit erhöht sich also auch der administrative Aufwand für die Krankenhäuser.
Man will es nicht hoffen, aber dieser Anspruch in Verbindung mit den sehr kurzen Fristen kann natürlich auch missbraucht werden. Sollte sich eine (größere) Gruppe von Mitarbeitenden zusammenfinden, die zeitgleich solche Ansprüche geltend macht, wird das Krankenhaus möglicherweise vor eine erhebliche Anforderung gestellt, dem neuen Nachweisgesetz gerecht zu werden.
Erfüllt das Krankenhaus diese Anforderungen nicht, droht für jeden einzelnen Fall ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro. Es kommen weitere Folgen hinzu, die sich wirtschaftlich nachteilig auswirken können. Das gilt z.B. dann, wenn sich eine Verweisung auf eine tarifliche Regelung als unzureichend erweisen sollte und diese deshalb nicht gilt (z.B. bei Ausschlussfristen).
Grund genug, dass Personalverantwortliche das Thema projektmäßig aufgreifen und die Anforderungen in die Praxis umsetzen. Standard-Arbeitsverträge bedürfen einer umfassenden Modernisierung. Compliance- Verantwortliche müssen das Thema ebenfalls im Blick behalten. Sie sollten das Thema Arbeitsverträge ab und an stichprobenhaft prüfen, um sicher zu gehen, dass die Umsetzung erfolgreich war und wirklich keine überalterten Vertragsmuster weiterverwendet werden. Ebenso sollten sie sicherstellen, dass die erforderlichen Abläufe eingerichtet und hinreichend beschrieben sind.
Autor: Volker Ettwig, Rechtsanwalt, Certified Compliance Expert, Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB
Erschienen in KU Gesundheitsmanagement 10/2022