Unser Experten-Standpunkt

Die lockere Geldpolitik der EZB hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass immer mehr Firmen zu Zombieunternehmen mutierten, anstatt insolvent zu gehen. Ein ähnlicher Trend zeichnet sich gerade im kommunalen Krankenhauswesen ab.
In der Wirtschaftslehre werden solche Betriebe als Zombieunternehmen bezeichnet, die mittels günstiger Zinsen oder finanzieller Unterstützungen des Staates, z.B. in Form von Coronahilfen, künstlich am Leben gehalten werden. Zu ihren Charakteristika gehören ein hoher Verschuldungsgrad, Gewinne, die niedriger ausfallen als die Zinsen, die an die Kreditgeber zu zahlen sind, sowie ein negativer Cash Flow.
Der DKG gruselt es vor dem Horrorszenario einer auf die Kliniken zurollenden Insolvenzwelle und der aktuelle Krankenhaus Rating Report wurde von seinen Verfassern unter das Motto „Vom Krankenhaus zum Geisterhaus?“ gestellt. Gerade im kommunalen Sektor entstehen momentan Zombiekrankenhäuser. Immer mehr Städte und Gemeinden verabreichen ihren Kliniken teure Finanzspritzen. Beispiele dafür finden sich in Ludwigsburg, Hanau oder Potsdam. In Neuss wurden laut Medienberichten sogar 30 Millionen Euro ins Klinikum gepumpt, um die zum Jahreswechsel drohende Insolvenz abzuwenden. Weitere sage und schreibe 80 Millionen Euro wurden als Bürgschaft zur Verfügung gestellt. Der besagte Maximalversorger wies bereits 2021 einen deutlich negativen Cash Flow aus und soll – so die Lokalpresse – auch in den nächsten fünf Jahren nicht aus den tiefroten Zahlen herauskommen. Gelder, die in Zombiekrankenhäuser gepumpt werden, fehlen dem Kommunalhaushalt an anderer Stelle. Etwa beim Wohnungsbau. Für die Schulen. Für Schwimmbäder und Sportstätten. Beispiel Neuss: Hier sollen zur Haushaltskonsolidierung die Grundsteuer steigen, Kitagebühren wieder eingeführt und ein Schwimmbad geschlossen werden. Mittel für die Zombiekrankenhäuser übersteigen die Gelder für andere wichtige Haushaltsposten häufig um ein Vielfaches, was so manchem Kämmerer tiefe Sorgenfalten ins Gesicht treibt. Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken kritisiert die Subventionierung von Kreis- und städtischen Kliniken durch die Kommunen und spricht von unfairer Wettbewerbsverzerrung. Mit seiner Klage gegen dieses die Zombiekrankenhäuser nährende Prinzip scheiterte der Verband allerdings vor dem BGH.
Freilich sind die Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen herausfordernd. Steigende Sachkosten und Inflation, die Folgen der Coronapandemie und ein massiver Fachkräftemangel bleiben nicht ohne Folgen für die Kliniken. Trotzdem gibt es Krankenhäuser, die mit den für alle geltenden Spielregeln besser klarkommen als andere. In Zombiekrankenhäusern hat man häufig Ausreden parat. Hier spricht man ungern über eigene Versäumnisse, verweist darauf, dass es auch anderen Krankenhäusern schlecht geht. Doch die Probleme sind zumeist auch hausgemacht. Viele Zombiekrankenhäuser sind von einer ineffizienten und mangelhaften Betriebsorganisation geprägt, verfügen über eine nicht mehr zeitgemäße Medizinstrategie und haben zu wenig getan, um die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte attraktiver zu gestalten. Zudem ist seit 2020 klar, dass das Fallzahlniveau von 2019 in diesem Jahrzehnt wohl nicht mehr erreicht werden kann. Trotzdem haben zu wenige Krankenhäuser Maßnahmen ergriffen, um ihre Kostenstrukturen darauf anzupassen. Und das, obwohl gerade am Vorabend der Lauterbachschen Krankenhausreform Kostenmanagement das Gebot der Stunde ist.
Es ist fünf vor zwölf. Also fünf Minuten vor Beginn der Geisterstunde. Als Geisterjäger eignen sich u.a. externe Managementprofis, Sanierer, die nicht von Betriebsblindheit betroffen sind. Als Ghostbusters des Gesundheitswesens können sie die Zombiekrankenhäuser im Rahmen von Managementpartnerschaften von den Zombies befreien, die in ihnen heimisch geworden sind, und dafür sorgen, dass aus den lebenden Untoten wieder überlebensfähige Krankenhäuser werden, die den Kommunalhaushalt nicht länger massiv belasten und den Schwerpunkt ihrer Arbeit darauf richten, den ihnen anvertrauten Menschen in Medizin und Pflege Gutes zu tun.
Autor: Dr. Nicolas Krämer, Fachbeirat der KU Gesundheitsmanagement