Die Telemedizin entwickelt sich laufend weiter: Telemedizinische Anwendungen werden ausgeweitet und Lösungskonzepte werden alltagstauglicher. Hiermit einher geht nicht nur die Notwendigkeit zur Anpassung von bestehenden Strukturen und zur Erweiterung der informationstechnischen Ausstattung bei den entsprechenden Stakeholdern. Vielmehr ist auch eine Änderung der regulatorischen Rahmenbedingungen entscheidend, wenn Deutschland im europäischen Vergleich nicht weiter zurückfallen möchte.
Was wurde bereits umgesetzt…
Der Gesetzgeber ist dabei aktuell keinesfalls untätig: Die eAU, das eRezept, die ePatientenakte und der eArztbrief sind nur einige Beispiele für die digitale Umsetzung von früher papiergebundenen Dokumenten. Um diese neuen Lösungen zu ermöglichen, sind bereits umfangreiche Anpassungen rechtlicher Grundlagen erfolgt.
Dies lässt sich gut am praktischen Einsatz der eAU verdeutlichen: Bereits im Jahr 2019 wurde mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz die Basis für eine Bereitstellung der eAU geschaffen – die tatsächliche praktische Einführung erfolgte dann stufenweise in den letzten Jahren. Mittlerweile ist nicht nur die Ausstellung der eAU für alle Vertragsärztinnen und -ärzte verpflichtend, sondern auch Arbeitgeber müssen die eAU seit Anfang des Jahres direkt bei den Krankenkassen abrufen. Weitere Anpassungen verschiedenster rechtlicher Rahmenbedingungen erfolgten beispielsweise im SGB V und XI, im Arzneimittelrecht oder im ärztlichen Berufsrecht.
Mit Blick auf das ärztliche Berufsrecht wurde bereits im Jahr 2018 der Weg für die ausschließliche Fernbehandlung in der Musterberufsordnung der Ärzte geebnet. Dabei können Ärzte unter gewissen Voraussetzungen sowohl privat- als auch vertragsärztlich Online- Sprechstunden bundesweit erbringen. Gleichwohl bleiben telemedizinische Behandlungen auch nach dem Juni 2021 in Kraft getretenen Änderungen des Digitale-Versorgung und Pflege-Modernisierung Gesetz eine Nebentätigkeit.
…und wie geht es weiter?
Mit Blick auf die nahe Zukunft ist das Zielbild klar: Wir wollen bessere digitale Lösungen, um eine höhere Vernetzung von Patientinnen und Patienten, behandelnden Ärztinnen und Ärzten und Krankenkassen zu gewährleisten. Hiermit einhergehend soll die Effizienz im Gesundheitssektor steigen und zukünftigen Problemen – wie beispielsweise dem Ärztemangel – entgegengewirkt werden.
Insbesondere im Bereich des Datenaustauschs besteht noch Potenzial. In diesem Zusammenhang wird es wichtig sein, auch die digitale Kommunikation mit den Krankenhäusern zu verbessern.
Zudem sollen die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten effizienter werden. Hierbei stellen die Ambulantisierung von Versorgungsleistungen und der damit verbundene Abbau von Sektorengrenzen wichtige Felder dar. Speziell im Rahmen von präventiven Maßnahmen und Nachbehandlungen ergibt sich viel Potenzial zur Etablierung digitaler Angebote. In diesen Bereichen werden neben den möglichen Einsatzbereichen der Telemedizin auch die Schaffung von Grenzen und verbindlichen Qualitätsvorgaben vermehrt zu diskutieren sein.
Festzuhalten bleibt: Die Entwicklungen im Bereich der Telemedizin werden in Zukunft noch schneller voranschreiten. Für die verschiedenen Stakeholder nehmen damit einhergehend auch die Möglichkeiten zu, eine neue und zukunftsorientierte Ausrichtung des Gesundheitssektors aktiv mitzugestalten.
Autor: Harald Maas, Partner Healthcare, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Erschienen in KU Gesundheitsmanagement 03/2023