Die Nutzung von (teil-)digitalen Lösungen im operativen Krankenhausbetrieb ist mittlerweile Standard. Die Systeme unterstützen die Mitarbeitenden und die Patientinnen und Patienten auf unterschiedliche Art und Weise: Sei es bei der Dokumentation der medizinischen Leistungserbringung, der Analyse medizinischer Bilder wie Röntgenaufnahmen oder aber in Form digitaler Patientenportale.
Durch die (teil-)digitalen Lösungen wird u.a. das Ziel verfolgt, den Patientinnen und Patienten eine qualitativ hochwertige sowie sicherheitsorientierte medizinische Versorgung zu bieten und gleichzeitig
effiziente Arbeitsabläufe im Hinblick auf ein effektives Ressourcenmanagement sicherzustellen.
Allerdings können die komplexen Funktionen und Anforderungen von solchen Systemen zu einer Herausforderung für die Nutzenden werden, insbesondere wenn das System nicht mit einer an den Bedürfnissen
der Anwendenden entwickelte Benutzeroberfläche ausgestattet ist. Dies führt in der Regel zu einer geringeren Akzeptanz und einer langsameren Adaption. Ein gutes User Interface (UI) Design hingegen kann
dazu beitragen, die Akzeptanz und Nutzbarkeit des Klinikinformationssystems (KIS) zu erhöhen und somit die Effektivität der medizinischen Versorgung zu verbessern.
Die User Experience (UX), sprich das Erlebnis der Nutzenden, ist dabei ein entscheidender Faktor für die Gestaltung von erfolgreichen digitalen Produkten und Dienstleistungen. Das UX Design stellt die Benutzerinnen und Benutzer in den Vordergrund und orientiert das Applikationsdesign an seinen Bedürfnissen: Wie interagieren Benutzerinnen und Benutzer mit einer Anwendung (z.B. mobile oder Desktop Apps aber auch Medizinprodukte)? Welche Funktionen erleichtern die Arbeit und wie zufrieden sind die Benutzerinnen und Benutzer mit einem digitalen Produkt? Dabei ist es jedoch wichtig nicht nur singulär eine Benutzergruppe zu betrachten, sondern die Interaktion zwischen medizinisches Personal und Patient mitzudenken.
In der Vergangenheit wurde das UX Design von z.B. Herstellern der KIS meist vernachlässigt. Gründe sind dabei vielfältig: Fokussierung auf die reine Bereitstellung der Funktionen, zu hohe Kosten, fehlendes Know-how oder aber die Herausforderung verschiedene Funktionalitäten im Rahmen von Zukäufen in ein einheitliches Design zu überführen.
Die IT-Dienstleister haben daher die wichtige Aufgabe, sicherzustellen, dass digitale Lösungen leicht zu verstehen und einfach zu bedienen sind. Dabei müssen neben klassischen Anforderungen zum Datenschutz und der IT-Sicherheit insbesondere auch die Barrierefreiheit betrachtet werden. Klinikmitarbeitende oder Patientinnen und Patienten unterschiedlichsten Alters, mit und ohne Einschränkungen sollten dabei in der Lage sein, digitale Lösungen ohne große Herausforderungen intuitiv nutzen zu können.
Die noch recht junge Wissenschaft des UX Design entwickelt sich dabei stetig weiter: Die Zukunft ist von der rasanten technologischen Entwicklung und dem steigenden Bedarf an digitalen Lösungen geprägt. IT-Dienstleister werden sich verstärkt auf die Schaffung intuitiver, leicht adaptierbarer, und personalisierter Benutzererfahrungen konzentrieren müssen, um eine breitere Nutzerbasis zu erreichen. Künstliche Intelligenz
und maschinelles Lernen werden dabei eine wichtige Rolle spielen, um die Bedürfnisse und Vorlieben der Nutzenden zu verstehen und ihnen maßgeschneiderte Lösungen zu bieten. Die Zukunft bleibt also spannend, umso wichtiger ist es, für die ambulanten und stationären Gesundheitseinrichtung bei der Auswahl neuer digitaler Lösungen verstärkt auf die Usability des zukünftigen Systems zu achten. Denn eine
moderne, effizient gestaltete Applikation dient nicht nur dem Selbstzweck. Digitale Lösungen mit zeitgemäßen UX Design erhöhen die Mitarbeiterzufriedenheit (Employer Branding), die Effizienz der Leistungserbringung, die Sicherheit für Patientinnen und Patienten sowie die Attraktivität des Krankenhauses.
Autor: Peter Maximilian Conrad, Senior Manager Healthcare, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Erschienen in KU Gesundheitsmanagement 04/2023