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Auswirkungen der Pflegepersonalbemessungsverordnung

Scale with paragraphs and stethoscope on the table. 3d illustration.

Auswirkungen der Pflegepersonalbemessungsverordnung

Gesundheitspolitik

3 MIN

Leitet die Pflegepersonalbemessungsverordnung das Ende des Selbstkostendeckungsprinzips im Pflegebudget ein?

Gemäß Koalitionsvertrag sollen die Arbeitsbedingungen in der akutstationären Pflege durch die Einführung eines Personalbemessungsinstruments verbessert werden. Der Verordnungsgeber hat sich an dem gemeinsamen Vorschlag „Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0)“ des Deutschen Pflegerats, der Gewerkschaft Verdi und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) orientiert.

Am 12.06.2024 wurde die Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht; bereits am 01.07.2024 tritt sie in Kraft. Durch die PPBV werden verbindliche Vorgaben zur Ermittlung des notwendigen Pflegebedarfs und des bedarfsgerechten Qualifikationsmixes geschaffen. Ein Abgleich mit dem tatsächlich zur Verfügung stehenden Pflegepersonal soll Aufschluss darüber geben, ob ein krankenhausindividueller Auf- oder auch Abbau von Pflegekapazitäten erforderlich ist.

Von der Verordnung betroffen sind somatische Krankenhäuser, welche bettenführende Normalstationen für Erwachsene oder bettenführende Normal- und Intensivstationen für Kinder betreiben. Besondere Einrichtungen sind von der Verordnung ausgenommen.

Im nächsten Schritt (bis zum 31.07.2024) wird das InEK Informationen zum Verfahren der technischen Umsetzung veröffentlichen. Die Krankenhäuser müssen daraufhin bis zum 31.08.2024 dem InEK die verwendeten Namen von Fachabteilungen, der dazugehörigen Stationen und deren Bettenanzahl mitteilen.

Bis zum 31.01.2025 müssen sie für das vierte Quartal 2024 monats-, stations- und schichtbezogen sowohl die verordnungsgemäß ermittelten Personalbedarfe als auch das tatsächlich eingesetzte anrechnungsfähige Personal melden. Sofern die Abgabe der Meldung gegenüber dem InEK nicht fristgemäß erfolgen kann, besteht bei entsprechender Anzeige die Möglichkeit einer Fristverlängerung um weitere 14 Tage.

Zur Ermittlung des Personalbedarfs haben die Krankenhäuser in einem aufwändigen Verfahren eine tägliche Einstufung aller voll- und teilstationären Patienten vorzunehmen. Dabei erfolgt die Zuordnung in Leistungsstufen, dessen Ermittlung auf Basis von allgemeinen und speziellen Pflegeaufwänden erfolgt. Den Pflegeaufwänden liegen wiederum feste Minutenwerte zu Grunde. Die Gesamtheit aller Aufwände ist dann in Verbindung mit dem Ist-Personaleinsatz die Bemessungsgrundlage für den Erfüllungsgrad.

Erstmalig zum 30.06.2026 sind die gemeldeten Angaben in Form einer Gesamtmeldung für das Jahr 2025 zusammenzufassen, deren Richtigkeit beispielsweise durch einen Wirtschaftsprüfer zu bestätigen ist.

Fraglich ist, ob die Pflegepersonalbemessungsverordnung zunächst als reine Bestandsaufnahme einzuordnen ist. Schließlich sieht der Gesetzgeber eine Evaluierung bis zum 01.07.2029 vor. Die eigentliche Intention der PPR 2.0 war jedoch die Erfüllung verbindlich einzuhaltender Personalvorgaben. So war bereits in der Bundesdrucksache 65/24 die Rede davon, dass in einem späteren Verordnungsverfahren eine Konvergenzphase eingeleitet wird, welche die stufenweise Anhebung des Erfüllungsgrades vorsieht. Bei Unterschreitung ist ferner die Rede von Sanktionen. Wann damit zu rechnen ist, bleibt offen.

Dennoch ist man bereits jetzt gut beraten, sich mit den Folgen der PPBV zu beschäftigen. Pflegehilfskräfte (z.B. Krankenpflegehilfe MFA, ATA, Notfallsanitäter), die heute im Pflegebudget voll und unbeschränkt finanziert werden, können zur Erfüllung der PPBV-Vorgaben nur teilweise angerechnet werden. Es ist zu erwarten, dass die Krankenkassen infolgedessen auch Obergrenzen für deren Anerkennung im Pflegebudget ableiten werden. Sollten sie damit erfolgreich sein, ist das Ende der Selbstkostendeckung absehbar.

Der Grundgedanke, dass bereits vorhandenes Personal auf Basis von Personalvorgaben entlastet wird, ist sicherlich ein guter. Schließlich trägt dies zur Behandlungsqualität als auch zur Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe bei. Ob der Arbeitsmarkt das notwendige Personal hergeben kann, wird sich zeigen. Schwer zu ertragen wäre es jedenfalls, wenn Krankenhäuser aufgrund altbekannter Themen wie Demografie oder Fachkräftemangel beschwert oder gar sanktioniert würden.

Autoren: Stephan Kersting, Senior Berater, stephan.kersting@curacon.de und Nobert Schmitt, Manager, nobert.schmitt@curacon.de

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