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Kreisklinik Groß-Gerau: Klage gegen Unterfinanzierung von Krankenhäusern

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Kreisklinik Groß-Gerau: Klage gegen Unterfinanzierung von Krankenhäusern

Gesundheitspolitik

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Klinikchefin Prof. Dr. Erika Raab bereitet sich auf Gerichtsverhandlung vor

Groß-Gerau. Die Schadensersatzklage von Prof. Erika Raab, Geschäftsführerin der Kreisklinik Groß-Gerau, geht in die nächste Runde: Im nächsten Schritt soll der Sachverhalt in einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Darmstadt diskutiert werden. Spätestens in der zweiten Instanz wird der Fall dem europäischen Gerichtshof vorgelegt werden müssen.

Prof. Dr. med. Erika Raab, Geschäftsführerin der Kreisklinik Groß-Gerau, sagt: „So wie das Gesundheitssystem derzeit funktioniert, können viele Kliniken ihren Auftrag nicht mehr erfüllen – zumindest nicht ohne dauerhafte Verluste. Dabei sind sie gesetzlich dazu verpflichtet, die Versorgung aufrechtzuerhalten. Das führt dazu, dass Krankenhäuser in der gesamten Republik ausbluten. Patienten verlieren ihre wohnortnahe Versorgung und Mitarbeiter Perspektiven. Die Regierung muss für ein auskömmliches finanziertes Gesundheitssystem sorgen, dafür setzen wir uns ein.“ Im Frühjahr 2024 reichte Prof. Dr. Erika Raab für das von ihr geleitete Haus gemeinsam mit den Rechtsanwälten der Boemke und Partner Rechtsanwälte Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland ein.

Der Vorwurf: Die staatliche Finanzierung reicht nach Auffassung der Klinik schon lange nicht mehr aus, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. In Deutschland werden pro Jahr ca. 17 Millionen Menschen stationär in 1887 Kliniken versorgt. Das Finanzierungssystem der Krankenhäuser ist dabei gesetzlich nicht ausreichend ausgestaltet, um Kliniken auskömmlich zu finanzieren. Die Folge: Immer häufiger rutschen Kliniken in die wirtschaftliche Schieflage.

Die Kreisklinik Groß-Gerau selbst fordert zunächst über 1,7 Millionen Euro Schadensersatz für das Jahr 2023 – das ist der Betrag, der trotz voller Leistung nicht durch das geltende Finanzierungssystem gedeckt wurde. Zusätzlich verlangt das Verfahren eine grundsätzliche Klärung: Muss der Staat für künftige Schäden aufkommen, wenn das System strukturell unzureichend bleibt? Nachdem von der Kreisklinik Groß-Gerau die Klage im März 2024 am Landgericht Darmstadt eingereicht wurde, hat der Bund durch seine Rechtsanwälte Ende 2024 auf die Klage erwidert. Im März 2025 wiederum haben die Rechtsanwälte der Kreisklinik Groß-Gerau auf diesen Schriftsatz reagiert.

Juristische Argumentation der Klage

Die juristische Argumentation der Klage basiert auf europäischen Regeln: „Öffentliche Dienste wie Krankenhäuser müssen so ausgestattet sein, dass sie ihre Aufgabe erfüllen können. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Krankenhausfinanzierung in Deutschland mit den europäischen Vorgaben zur Grundversorgung vereinbar ist. Denn das europäische Recht schützt nicht nur Märkte, sondern auch Menschen: Es fordert ein hohes Gesundheitsschutzniveau, Zugang zur Versorgung – und Rahmenbedingungen, die es den Leistungserbringern ermöglichen, diesen Auftrag zu erfüllen. Werden diese Voraussetzungen systematisch verfehlt, kann daraus ein Staatshaftungsanspruch entstehen“, so Rechtsanwältin Ramona Hellwig von Boemke und Partner.

Wenige Monate nach Einreichung der Klage am Landgericht Darmstadt wurde das neue Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) verabschiedet. Einige zentrale Argumente aus der Klageschrift finden sich im neuen Gesetz wieder. In ihrer Stellungnahme vom März 2025 begrüßt die Kreisklinik Groß-Gerau die gesetzgeberischen Anpassungen – betont aber auch: Für die Vergangenheit gibt es keine Nachbesserung. Außerdem bleibt das Grundproblem der Unterfinanzierung der Krankenhäuser bestehen und dies trotz der vier Milliarden Euro Soforthilfe für Krankenhäuser für 2 Jahre, welche durch die Gesundheitsministerkonferenz am 12. Juni verabschiedet wurde und ab Herbst zur Auszahlung kommen soll.

Das Gerichtsverfahren am Landgericht Darmstadt ist noch nicht entschieden. Ein Termin für die mündliche Verhandlung steht noch aus. Seit Einreichung der Klage haben einige Kliniken das rechtliche Vorgehen unterstützt und sich teils selbst mit eigenen Schadensersatzklagen angeschlossen – Weitere Einrichtungen sowie Verbände und politische Vertreter erwägen im Austausch mit der Kreisklinik Groß-Gerau weitere Schritte.

Über die Kreisklinik Groß-Gerau

Die Kreisklinik Groß-Gerau GmbH ist eine kommunale Gesellschaft in öffentlicher Trägerschaft. Alleiniger Gesellschafter ist der Landkreis Groß-Gerau. Die Kreisklinik Groß-Gerau GmbH betreibt das Krankenhaus Groß-Gerau und das MVZ Kreis Groß-Gerau. Die Geschäftsführung liegt bei Prof. Dr. Erika Raab.

Quelle: Consilium Rechtskommunikation GmbH

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