Transport von Straftäter*innen gehört in die Verantwortung der Justiz, nicht aus Kostengründen in die der Pflege
Düsseldorf. Die Pflegekammer Nordrhein-Westfalen hat sich bei der Anhörung im Landtag am 29. Oktober 2025 deutlich gegen eine im Juli 2025 geänderte Regelung des Justizministeriums NRW ausgesprochen: Der geänderte Erlass legt fest, dass die Amtshilfe durch den Justizvollzug nur noch eingeschränkt erfolgt. Sprich: Die Justiz übernimmt bspw. den Transport straffällig gewordener Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen (sog. forensischer Patient*innen) – etwa zu Gerichtsterminen – nur noch dann, wenn die Einrichtungen des Maßregelvollzugs keine eigenen Kapazitäten haben. Die primäre Verantwortung für geplante Transporte wird so auf die Kliniken übertragen – und damit erfahrungsgemäß auf die Pflege.
„Pflegefachpersonen sind weder ausgebildetes noch ausgerüstetes Sicherheitspersonal. Ihre Aufgabe ist die therapeutische Begleitung – nicht die Bewachung aus Sicherheitsgründen“, betonte Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW. „Pflege ist kein Ersatz für Justizvollzug.“
Die Pflegekammer NRW kritisiert, dass durch die neue Regelung in mehreren Einrichtungen Pflegefachpersonen bereits zur Durchführung oder Begleitung dieser Transporte herangezogen werden. Das sei nicht Teil ihres Berufsauftrags und stelle ein erhebliches Sicherheitsrisiko für Pflegefachpersonen, Patient*innen und die Allgemeinheit dar. „Transporte zu Gerichtsverhandlungen oder Zuführungen sind rein sicherheitsrelevante Maßnahmen – keine pflegerischen Interventionen“, so Postel. „Wenn Pflegefachpersonen dafür eingesetzt werden, fehlt Personal in der therapeutischen Arbeit auf den Stationen. Das gefährdet die Qualität der Behandlung.“ Zwar wäre es Aufgabe der Pflege, Transporte psychosozial zu begleiten, aber zusätzlich zur Sicherheitsbegleitung. In einer idealen Welt gäbe es für beide Begleitungen Kapazitäten, dies ist aber nicht der Fall.
Die Maßregelvollzugseinrichtungen verfügen weder über ausreichend Personal noch über geeignete Fahrzeuge, Sicherheitstechnik oder geschultes Begleitpersonal. Laut der Pflegekammer NRW führt dies in der Praxis zu gravierenden Problemen: Pflegefachpersonen werden von ihren Vorbehaltsaufgaben abgehalten, etwa von Therapiegesprächen, soziomilieutherapeutischen Maßnahmen oder der Förderung sozialer Kompetenzen.
Ausfallende Transporte führen zu annullierten Gerichtsterminen, welche den juristischen Prozess verlangsamen. Für die Patient*innen bedeuten fehlende Pflegefachpersonen außerdem fehlende Behandlungsprozesse und eine Verschlechterung der Teilhabemöglichkeiten.
„Gemäß StrUG haben Patient*innen unter anderem ein Recht auf pflegerische Behandlungen. Wenn Pflegefachpersonen zu Transportdiensten herangezogen werden, kann dieses Recht nicht mehr gewährleistet werden“, unterstreicht Claudia Himmel, Leitung der AG psychiatrische Pflege der Pflegekammer NRW. „Die neue Regelung ist fachlich, ethisch und sicherheitstechnisch nicht haltbar. Die Herausforderungen der Justiz dürfen nicht auf dem Rücken der Pflege gelöst werden“, so Himmel.
Die Pflegekammer NRW fordert die Landesregierung auf, im StrUG eine verbindliche Regelung einzufügen. Es soll final geklärt sein, wer für die Transporte zuständig ist. Maßregelvollzugseinrichtungen oder die Rechtspflege. Favorisieren würde die Pflegekammer NRW, dass die Zuständigkeit für forensische Transporte wieder klar bei der Justiz verankert ist.
Quelle: Pflegekammer NRW
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