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Patientenversorgung muss gesichert bleiben

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Patientenversorgung muss gesichert bleiben

Gesundheitspolitik

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Kliniken fordern Auswirkungsanalyse vor Verabschiedung der Reform

Berlin. Die Notwendigkeit einer umfassenden Krankenhausstrukturreform ist unstrittig. Der vorliegende Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG), der voraussichtlich kommende Woche im Bundeskabinett beschlossen werden soll, ist aber an vielen Stellen nicht durchdacht und droht die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu verschlechtern. Deshalb braucht es vor einem Kabinettsbeschluss eine umfassende Auswirkungsanalyse der Reformpläne. Anderenfalls werden die Krankenhausstrukturen im Blindflug umgebaut und die Patientinnen und Patienten haben in vielen Regionen das Nachsehen.

„Die Gesundheitsversorgung ist ein zu hohes Gut, als dass wir sie zu einem Experimentierfeld machen dürfen. Es bleibt weiterhin völlig unverständlich, warum sich Minister Lauterbach weigert trotz seiner Zusage gegenüber den Bundesländern, eine echte Auswirkungsanalyse vorzulegen. Genau diesen Punkt haben auch alle Bundesländer, egal in welcher Regierungskonstellation, in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zum KHVVG eingefordert. Alle politischen Entscheidungsträger, der Bundestag, die Länder, aber auch das Kabinett in der nächsten Woche, vor allem aber die Bevölkerung haben ein Recht zu erfahren, wie die zukünftige Versorgung aussehen würde, wenn die Reformpläne des Bundesgesundheitsministers Wirklichkeit würden. Von überzogen zentralistischen Vorgaben für die Krankenhausplanung bis hin zu massiven Veränderungen der Krankenhausfinanzierung will der Bund mit seiner Reform gestaltend in die zukünftigen Strukturen der Krankenhausversorgung eingreifen. Wer darf unter welchen Bedingungen welche Fachdisziplinen und Behandlungen noch anbieten? Wer erhält zukünftig in welchem Umfang eine Refinanzierung seiner Behandlungsangebote? All das will Karl Lauterbach in seinem nicht zustimmungspflichtigen Gesetz bundeseinheitlich festlegen. Die Experten sind sich einig, wenn die Reform so kommt, wie im aktuellen Entwurf vorgelegt, wird das zu gewaltigen Veränderungen der Versorgungslandschaft führen. Wir haben während des gesamten Reformprozesses immer wieder auf die zentralen Schwachstellen und Problemfelder der Reform hingewiesen und Alternativen vorgeschlagen. Diese Themen hat Vebeto nun auch mithilfe öffentlich zugänglicher Daten analysiert und mögliche (Fehl-)Entwicklungen aufgezeigt. Die Gesundheitsversorgung hat einen so hohen Stellenwert, dass sie nur gemeinsam reformiert werden kann. Gesundheitsminister Lauterbach muss dem Kabinett und den Ländern genauso wie der Öffentlichkeit reinen Wein einschenken, was die Folgen seiner geplanten Reform betrifft. Deshalb fordern wir eine sofortige und umfassende Auswirkungsanalyse. Wenn der Bundesgesundheitsminister den Bundesländern im Nachgang zum parlamentarischen Verfahren eine Software für ihre Krankenhausplanung zur Verfügung stellen möchte, ist das kein Ersatz für eine umfassende Auswirkungsanalyse im Vorfeld“, erklärte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).

Eine genaue Betrachtung des vorliegenden Reformentwurfs ergibt für die Patientinnen und Patienten in Deutschland schwerwiegende Risiken. „Dabei geht es nicht darum, dass sich Krankenhäuser grundsätzlich gegen eine Zentralisierung und Spezialisierung wenden würden. Im Gegenteil, dies fordern wir schon seit 2019. Hier geht es aber um das Wie und um unerwünschte Nebenwirkungen aus dem vorliegenden Gesetzentwurf. Beispielsweise werden Patienten mit seltenen Erkrankungen und sehr komplexem Behandlungsbedarf, längere Wartezeiten befürchten müssen. Dies ergibt sich aus der mangelhaften Konzeption der neuen Vorhaltefinanzierung. Denn die angeblich zur Entökonomisierung und Spezialisierung gedachte Vorhaltefinanzierung wird genau das Gegenteil bewirken. Eine Klinik, die mehr Leistungen anbieten soll und muss, wird in dieser Systematik sogar bestraft, wenn sie nur eine Steigerung von bis zu 20 Prozent erzielt. Dies führt zu genau der gleichen Systematik, die wir bereits aus dem niedergelassenen Bereich kennen. Die Quartalslogik der niedergelassenen Ärzte, Behandlungen zu schieben, ergibt sich aus genau solchen ökonomischen Fehlanreizen. Und sie wird sich im stationären Bereich zwangsläufig ebenfalls durchsetzen müssen. Krankenhäuser werden faktisch durch das politisch gesetzte Finanzierungssystem gezwungen, ihre Behandlungszahlen in bestimmten Zeiträumen und Referenzjahren standortbezogen aus wirtschaftlichen Gründen zu optimieren, wenn sie überleben wollen. Das ist das Gegenteil von Patientenorientierung“, so Gaß.

Zusammenfassend ist die vorliegende Reform wegen eines Übermaßes an Zentralisierung der falsche Ansatz. „Patienten drohen vielfach Versorgungslücken. Wertvolle Strukturen werden zerschlagen, die wir brauchen und Gelder verbrannt. Hinzukommt, dass die Bürokratie weiter zunehmen wird. Es ist nicht verwunderlich, dass die Länder einhellig über alle Parteigrenzen hinweg in ihrer Stellungnahme den bisherigen Reformentwurf ablehnen. Es ist an der Zeit, dass die Bundespolitik sich dieser Wirklichkeit stellt und endlich in ein konstruktiven Reformprozess einsteigt. Der Minister hat durch die Verschiebung der Kabinettssitzung die Chance, die wesentlichen Kritikpunkte auszuräumen und auf die Länder zuzugehen. Dann besteht die Hoffnung, dass eine gemeinsame Reform mit einem Gesetz gelingt, dem die Länder insgesamt zustimmen können“, so Gaß.

Quelle: DKG

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