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Cannabis-Konsum im Krankenhaus

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Cannabis-Konsum im Krankenhaus

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Mit dem neuen Compliance-Thema richtig umgehen

Durch die zum 1.4.2024 in Kraft getretene weitgehende Legalisierung des Besitzes und des Konsums von Cannabis-Produkten, ergeben sich neue Fragen, wie damit umzugehen ist. Regelungen, die ursprünglich wegen Rauchens am Arbeitsplatz oder wegen des Konsums von Alkohol in Kraft gesetzt wurden, sind nicht automatisch passend. Der Beitrag zeigt einige Stellschrauben, die von der Geschäftsführung eines Krankenhauses jetzt bewegt werden sollten.

Die zum 1.4. 2024 in Kraft getretene weitgehende Cannabis-Legalisierung wird auch unter Compliance-Gesichtspunkten ein ernstzunehmendes Thema für Krankenhäuser werden. Denn Vorschriften und Vereinbarungen, die im Hinblick auf den Konsum von Alkohol oder Rauchen in Kraft gesetzt wurden, passen nicht automatisch. Zugleich können auch vom legalen Cannabis-Konsum Gefahren ausgehen, denen frühzeitig begegnet werden sollte. Man stelle sich vor, eine examinierte Pflegekraft würde nach dem Konsum von Cannabis nicht mehr in der Lage sein, die Medikation für ihre Patientinnen und Patienten richtig zu stellen. Oder was wäre, wenn eine OP-Kraft in einem Zustand im OP erscheint, die eine Assistenz bei einer Operation unmöglich machen würde. Noch schwieriger wäre die Konstellation, wenn eine Ärztin oder ein Arzt im Hintergrunddienst Cannabis konsumiert und dann von den diensthabenden Ärzten zu Rate gezogen würde. Möglicherweise wären er oder sie auch gar nicht mehr in der Lage, wenn erforderlich, ins Krankenhaus zu kommen, um die Behandlung zu übernehmen.

Natürlich ist all dies unzulässig. Nach § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 dürfen sich Versicherte durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Insofern sind die Unfallverhütungsvorschriften ganz klar. Ebenso klar ist, dass entsprechendes Fehlverhalten arbeitsrechtlich sanktioniert werden kann, und zwar bis hin zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung. Auch Schadensersatzansprüche sind möglich gegen Mitarbeitende, die unter Cannabiseinfluss Personen- oder Sachschäden herbeiführen. Aber alle diese Maßnahmen sind nachgelagert. Sie sind erst dann anzuwenden, wenn ein Verstoß bereits erfolgt ist oder ein Schaden eingetreten ist. Compliance hingegen zielt darauf, Schäden gar nicht erst eintreten zu lassen.

Die entscheidende Frage ist also, was die Geschäftsführung eines Krankenhauses jetzt auf den Weg bringen sollte, um Personen- und Sachschäden oder sonstige Verstöße zu vermeiden, die auf den Konsum von Cannabis zurückgehen. Nach § 5 Konsumcannabisgesetz (KCanG) ist der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Personen unter 18 Jahren verboten. Solche Jugendliche können Patienten, Auszubildende oder auch Besucher des Krankenhauses sein. Um dem Verbot gerecht zu werden, hilft nur ein flächendeckendes Konsumverbot auf dem gesamten Krankenhausgelände.

Es sollte erwogen werden, inwieweit bereits vorhandene Regelungen (Dienstanweisungen, Betriebsvereinbarungen) z.B. zu Einstellungsuntersuchungen, zur Nutzung von Dienstfahrzeugen, zur Suchtprävention usw. überarbeitet bzw. neu mit dem Betriebsrat oder der Personalvertretung verhandelt werden müssen. Um die Weitergabe bzw. den Handel mit Cannabis zu unterbinden, kann auch über das Konsumverbot hinaus das Verbot ausgesprochen werden, Cannabis bzw. Cannabissamen oder -pflanzen bei sich zu führen. Fraglich ist auch, wie künftig bei betrieblichen Feiern – bei denen teilweise auch alkoholische Getränke angeboten werden – mit dem Konsum von Cannabis umgegangen werden soll. Es stellen sich schon jetzt viele Fragen und mit der Zeit werden immer neue dazu kommen. Krankenhäuser sind gut beraten, damit zu beginnen, das Thema Cannabis in allen Erscheinungsformen zu hinterfragen und dienstliche Regelwerke anzupassen bzw. neu zu schaffen. Ein erster Schritt kann dabei die Aufarbeitung sein, in welchen betrieblichen Regelwerken Ansatzpunkte für erforderliche Anpassungen zu finden sind.

Autor: Rechtsanwalt Volker Ettwig, Certified Compliance Expert, Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB
Erscheinungstermin: KU Gesundheitsmanagement 05/2024

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