»

Forderungen vor der Verjährung retten

Forderungen

Forderungen vor der Verjährung retten

Expertenstimmen

4 MIN

Wie professionelles Forderungsmanagement aussieht

Nach zwei Jahren verjähren offene Rechnungen der Leistungserbringer, wenn sie bis dahin nicht mit den Kostenträgern geklärt sind. Jedes Jahr am 31. Dezember gehen den Krankenhäusern also Forderungen in Millionenhöhe durch die Lappen. Mit den folgenden Schritten können ausstehende Rechnungen noch rechtzeitig gegenüber den gesetzlichen Kassen geltend gemacht werden.

Zeitplanung: Je eher, desto besser

Rechtzeitig anfangen heißt die Devise – denn es gibt viel zu tun: Die Fälle müssen inhaltlich bewertet werden, was je nach Fallmenge und Qualität der Dokumentation einige Zeit kosten kann. In der Bestandsaufnahme wird anschließend geklärt, welche Fälle noch offen sind und welchen davon am Jahresende die Verjährung droht. Dann folgt die Identifizierung der zuständigen Ansprechpartner bei den Kostenträgern sowie die Verhandlung der Fälle selbst. Sollten die Verhandlungen scheitern und vor Gericht weiterverhandelt werden, muss Zeit für die Erstellung der Klageschriften und die Abstimmung mit der beauftragten Kanzlei eingeplant werden. Das heißt, spätestens im Herbst sollten die offenen Forderungen bekannt sein, um noch rechtzeitig vor dem Jahreswechsel die notwendigen Maßnahmen zur Verhinderung der Verjährung ergreifen zu können.

Bestandsaufnahme: Überblick verschaffen

Zunächst gilt es, sich einen Überblick zu verschaffen. Anhand einer Liste der offenen Posten aus den Abrechnungskonten lässt sich ermitteln, wann die jeweilige Kasse den strittigen Erlös verrechnet hat. Entstand der Anspruch durch das Stellen der Rechnung zwischen dem 1. Januar und 31. Dezember 2023, kann dieser noch bis zum 31. Dezember 2025 geltend gemacht werden.
Wichtig ist, alle Buchungsvorgänge zu saldieren, die auf ein und denselben Abrechnungsfall laufen. Zudem sollten Verrechnungen mit anderen Abrechnungsfällen dem jeweils strittigen Fall zugeordnet werden. Damit weder offene Fälle übersehen noch erledigte Fälle doppelt bearbeitet werden, empfiehlt sich eine enge Abstimmung mit der Buchhaltung oder dem Finanzcontrolling.

Kostenträger: Aber welche?

Sind die strittigen Fälle identifiziert, gilt es, die zugehörigen Kassen zu ermitteln. Dafür müssen im nächsten Schritt die Falllisten auf die richtigen Kostenträger aggregiert werden. Das ist leichter gesagt als getan. Denn in den vergangenen Jahren gab es einen Konzentrationsprozess, in dessen Verlauf viele der kleineren Kassen fusioniert oder anderen Kostenträgern beigetreten sind. Umso schwieriger ist es in der Praxis häufig, zu klären, welche Kasse für welchen Fall zuständig ist. Das kann Zeit und Nerven kosten.

Interne Bewertung: Gut vorbereitet

Die offenen Posten werden im nächsten Schritt auf ihre Validität hin überprüft. Je stimmiger die Fallliste, desto besser die Basis für erfolgreiche Kassenverhandlungen ist. Vor den Verhandlungen sollte jeder Fall hinsichtlich seines Verhandlungs- und Klagepotenzials bewertet werden: Was wurde ursprünglich abgerechnet? War die initiale Abrechnung korrekt? Wie verlief die Prüfung durch den MD? Wurden Unterlagen angefordert? War die Lieferung komplett? Wurde der Fall im Rahmen einer Begehung mit dem MD besprochen? Was steht im Gutachten des MD? Ist der Fall klagefähig – oder zumindest verhandlungsfähig? Hat das MD-Verfahren überhaupt stattgefunden – oder hat die Kasse den Fall oder die Rechnung abgewiesen? Wurden die Fälle bestritten und erörtert?

Rechtliche Schritte: Fristen beachten

Wenn im November absehbar ist, dass die Verhandlungen mit den Kostenträgern nicht mehr abgeschlossen werden können, können Krankenhäuser von den Kassen eine sogenannte Verzichts-erklärung zur Einrede der Verjährung einholen. Damit kann der Fall auch nach dem Auslaufen der Frist noch realisiert werden. Auch ist jetzt der Zeitpunkt, um zu entscheiden, welche Fälle vor Gericht verhandelt werden sollen. Denn wenn die Kasse eine Verzichtserklärung auf die Verjährungsfrist ablehnt, ist noch ausreichend Zeit, diese Fälle mit der Rechtsabteilung oder der beauftragten Kanzlei abzustimmen.

Machen Sie sich rechtzeitig ans Werk, um Ihre ausstehenden Forderungen noch rechtzeitig einzuholen – es lohnt sich! Wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei.

Autor: Frank Reibe, Leitung MD- und Forderungsmanagement bei Accenture

Weitere aktuelle Meldungen erhalten Sie über unseren KU Newsletter: Jetzt anmelden!

Weitere Beiträge zu diesem Thema

Gesundheitskrisen

EU bereitet sich auf zukünftige Gesundheitskrisen vor

Die EU-Kommission will die Versorgungssicherheit und Krisenreaktion bei Gesundheitsgefahren verbessern. Dazu setzt sie auf technologische Aufrüstung, ständig verfügbare Produktionskapazitäten, abgestimmte Beschaffung und Lagerhaltung sowie eine verstärkte Vernetzung der Akteure.

Expertenstimmen

Beitrag lesen
PPP-RL

PPP-RL rechtssicher umsetzen

Viele psychiatrischen Krankenhäuser und Jugendpsychiatrien setzen weniger Personal ein als in der PPP-RL vorgeschrieben.

Expertenstimmen

Beitrag lesen
Gesundheitsetat

2,59 Milliarden Euro mehr im Gesundheitsetat

Die Bundesregierung plant eine Erhöhung des Gesundheitsetats um 2,59 Milliarden Euro für das Jahr. Diese Mittel sollen die Herausforderungen im Gesundheitswesen adressieren und den Gesamtetat auf rund 19,3 Milliarden Euro anheben.

Expertenstimmen

Beitrag lesen