Compliance-Fallen und Risiken für Krankenhäuser
Der Beitrag beleuchtet die zum Teil zweifelhafte Praxis von Herstellern oder Dienstleistern, Krankenhäusern eine Förderung zukommen zu lassen, um an entscheidungsrelevanten Stellen Personalkosten aufzufangen. Bei der Annahme einer zielgerichteten Übernahme von Personalkosten ist besondere Vorsicht geboten. Dies ist unter allgemeinen Compliance-Gesichtspunkten bedenklich und teilweise auch ein Verstoß gegen landesrechtliche Krankenhausgesetzgebung.
Krankenhäuser befinden sich zunehmend im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und dem Angebot hochwertiger medizinischer Leistungen. Da kommt es gelegen, wenn zum Beispiel ein Medizinproduktehersteller „Förderungen“ für spezifische Projekte oder Personalkosten anbietet – scheinbar ausschließlich im Sinne einer besseren Patientenversorgung. Doch der Teufel steckt im Detail: Besonders die Konstellation der Finanzierung einer neuen Stelle birgt erhebliche Compliance-Risiken für das Krankenhaus. Ein aktueller Fall, in dem ich kürzlich zu Rate gezogen wurde, hat mir dies nochmals verdeutlicht.
Und so lag der Fall: Ein Hersteller von Herzklappen, der bereits bestehende Lieferbeziehungen mit einem Krankenhaus unterhielt, wollte sich in dem Krankenhaus engagieren. Das Krankenhaus sollte zur Finanzierung eines Herzklappen-Koordinators über zwei Jahre hinweg mit insgesamt 100.000 Euro unterstützt werden. Der betreffende Koordinator sollte – zumindest offiziell – unabhängig koordinieren, welches Produkt ein Patient erhält. Tatsächlich ist eine Erwartungshaltung eines höheren Marktanteils der Produkte des Herstellers nicht von der Hand zu weisen. Er agierte dabei nicht offen über eine Spende oder über klassisches Sponsoring, sondern er fand einen anderen Weg. Der Hersteller hatte einen Text vorformuliert, den das Krankenhaus auf eigenen Briefbogen übernehmen sollte. In diesem Text bat das Krankenhaus den Hersteller um finanzielle Förderung der Stelle eines Herzklappenkoordinators. So sollte der Eindruck entstehen, das Krankenhaus habe eigeninitiativ die Unterstützung erbeten, obwohl der Impuls faktisch vom Hersteller ausging.
Solches Vorgehen unterläuft etablierte Regelungen, wie sie im BVMed-Kodex für Healthcare Compliance fixiert sind. Dort sind Spenden klar geregelt: Spenden dürfen nur allgemeinen gemeinnützigen Zwecken wie der Patientenversorgung oder der Forschung dienen. Sie sind unzulässig, wenn sie unmittelbar an konkrete Personalstellen oder Projekte gekoppelt sind, sofern damit die Produktauswahl beeinflusst werden kann. Die hier konstruierte Förderung ist einer Spende vergleichbar, auch wenn sie formal als Anforderung des Krankenhauses erscheint.
Neben strafrechtlichen Fallstricken, wie etwa ein Anfangsverdacht einer möglichen Straftat nach §§ 299a, b StGB wegen Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen, sind insbesondere auch länderspezifische Regelungen im Krankenhausrecht zu berücksichtigen. Nach § 31a KHGG NRW ist es Krankenhäusern und deren Trägern untersagt, für die Zuweisung von Patienten Vorteile zu gewähren, zu versprechen, sich gewähren oder versprechen zu lassen. Eine Förderung zur Schaffung eines Koordinators durch einen Medizinproduktehersteller kann als Prämie für die Zuweisung von Patienten gewertet werden und somit von der Aufsichtsbehörde untersagt werden. Der größte Risikofaktor für ein Krankenhaus besteht darin, dass eine Untersagung durch die Aufsichtsbehörde die Finanzierung der Stelle von einem Moment auf den anderen entfallen lässt. Das Krankenhaus würde zwar weiterhin zu arbeitsvertraglicher Erfüllung gegenüber dem Herzklappen-Koordinator verpflichtet bleiben, hätte jedoch keine finanzielle Grundlage mehr. Ähnliche Regelungen auf Landesebene gibt es z.B. in Thüringen oder Bremen. Im Einzelfall empfiehlt sich eine genaue Prüfung.
Grundsätzlich sind Fördermodelle, wie sie in diesem Fall angeboten wurden, in gleich mehrfacher Hinsicht kritisch:
- Sie untergraben das Trennungsprinzip, wonach Geschäftsbeziehungen und finanzielle Vorteile strikt zu separieren sind.
- Die Transparenz über die Zuwendungen und ihre Zweckbindung ist mangelhaft.
- Ermittlungsbehörden können im Vertragsabschluss einen Anfangsverdacht für Straftatbestände sehen.
Die Annahme solcher Förderungen ist mit erheblichen Risiken für die Compliance und für die sichere Finanzierung von Personalstellen verbunden. Es gilt: Förderungen durch Hersteller von Medizinprodukten, von Pharmaunternehmen oder auch durch Erbringer von Dienstleistungen sollten nicht vorschnell angenommen werden. Vor jedem Abschluss ist eine eingehende Compliance-Prüfung unumgänglich – im Zweifel ist von der Annahme Abstand zu nehmen.
Autor: Rechtsanwalt Volker Ettwig, Certified Compliance Expert, Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB
Erschienen in: KU 10/2025
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