Strategien zur Enttarnung von unsichtbaren Finanzlecks
In jedem Krankenhaus gibt es mindestens einen großen Kostentreiber, den die Verantwortlichen überhaupt nicht auf dem Schirm haben. Denn wer nicht gerade Teil einer großen Klinikgruppe ist, hat ein Problem: Die Kosten selbst sind zwar bekannt, nicht aber, ob diese angemessen sind. Durch fehlende Vergleichsmöglichkeiten bleibt so mancher Kostentreiber im Krankenhaus unsichtbar. In den folgenden Bereichen lohnt es sich besonders gut hinzuschauen, weil sich dort häufig solche unsichtbaren Kostentreiber verbergen.
Kostentreiber 1: Unsachgemäße Produktportfolios
Produktportfolios, die sich nicht auf den tatsächlichen medizinischen Bedarf richten, treiben schnell Kosten in die Höhe. Bei einem kommunalen Maximalversorger wurde ein aufgeblähtes Portfolio im Bereich der Herzmedizin identifiziert, u. a. mit vielen unterschiedlichen Herzklappen – aber ohne medizinische Strategie, wann welches Produkt zum Einsatz kommen soll. Mit einer zielführenden Reduktion und Standardisierung des gesamten Portfolios kam es nicht nur zu jährlichen Einsparungen in Höhe von rund 750.000 Euro, sondern auch zu positiven Auswirkungen auf die medizinische Qualität, weil die Mediziner nun eine Routine in der Anwendung der ausgewählten Produkte entwickeln konnten.
Kostentreiber 2: Überdimensionierte Service-Verträge
Hohe nicht-medizinische Sachkosten entstehen häufig durch überdimensionierte Service-Pakete. Eine bessere Verhandlungsposition entsteht immer dann, wenn Häuser, Standorte oder auch Versorgungsstufen sich zusammentun, um gemeinsam bessere Preise zu erzielen. Eine kleine konfessionelle Klinikgruppe mit Krankenhäusern und Wohnheimen hatte Wartungsverträge für ihre Aufzüge mit ihrem Anbieter für jedes Haus einzeln verhandelt – und sich so selbst um mögliche Preisvorteile gebracht. Zudem hatte man für jeden Aufzug das maximale Wartungspaket vereinbart – mit Sofort-Service rund um die Uhr, selbst da, wo es nicht nötig war. Durch Neuverhandlung der Verträge – für alle Standorte zusammen und angepasst an die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort – konnte man die Servicekosten um 300.000 Euro pro Jahr senken.
Kostentreiber 3: Ungenutzte Lizenzen
Eine ähnlich unterschätzte Kostenfalle wie Service-Verträge sind Software-Lizenzen. Nicht nur treiben kaum oder gar nicht genutzte Programme die jährlichen Lizenzgebühren in die Höhe. Fehlende Lizenznachweise oder der Einsatz von Software, die nur zum privaten Einsatz bestimmt ist, bergen auch knallharte Compliance-Risiken. Im Klinikalltag ist es für Verantwortliche kaum möglich, die Übersicht und Kontrolle zu bewahren. So erging es auch einem 150-Bettenhaus, in dem man durch einen IT-Check Überlizenzierungen und ungenutzte Lizenzen im Wert von rund 150.000 Euro identifizierte. Mit der Einführung eines strategischen Lizenzmanagements erreichte man Einsparungen von mehr als 100.000 Euro – pro Jahr!
Kostentreiber 4: Falsche Personalbemessung
Hohe Personalkosten bedeuten nicht immer ein „zu viel“ an Personal, sondern können auch auf strukturelle Defizite hinweisen. So konnten die auffälligen Personalkosten eines Maximalversorgers in der Notfallzentrale darauf zurückgeführt werden, dass bestimmte Budgetregeln nicht angewendet worden waren, die buchhalterische Besonderheiten für Notfallzentralen mit Aufnahmestation vorsehen. Indem Teile der Notaufnahme entsprechend ihrer Nutzung als Aufnahmestation auswiesen wurden, konnten jährliche Personalkosten für eine bettenführende Station in Höhe von einer Million Euro refinanziert werden. In einem anderen Fall leistete sich eine Klinik fünf Rezeptionen, die rund um die Uhr besetzt waren. Eine Bedarfsanalyse ergab jedoch eine Notwendigkeit von gerade einmal drei Rezeptionen am Tag und einer in der Nacht, was jährliche Einsparungen von einer halben Million Euro bedeutete.
Kostentreiber 5: Schlecht verhandelte Wahlleistungen
Wahlleistungen bieten selbst kleineren Kliniken große Erlös-Potenziale. Aber nur, sofern sie gut konzipiert und mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) ausgehandelt werden. In einem Krankenhaus war man unzufrieden über die vom PKV-Verband zugesagten Zuschläge in Höhe von 35 Euro pro Zimmer. Anstatt allerdings nachzuverhandeln und einen angemessenen Preis für das Einbettzimmer zu erzielen, ließ man lieber die gesamte, frisch sanierte Wahlleistungsstation leer. Dadurch verzichtete man auf mögliche Wahlleistungserlöse pro Zimmer und Nacht von bis zu 275 Euro.
Kostentreibern im Krankenhaus auf den Grund gehen
Wo genau sich unsichtbare Kostentreiber verbergen, ist von Klinik zu Klinik unterschiedlich. Viele Häuser machen vieles bereits sehr gut – und sind dann überrascht, wenn ihnen ein auffällig hoher Posten durch die Lappen geht. Häufig liegen die Potenziale im Millionenbereich. Darum sollten alle Kliniken ihren Kostentreiber auf den Grund gehen – es lohnt sich!
Autor: Manuel Berger, Managing Director Accenture/consus.health – Part of Accenture | Bereich: Controlling
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