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Transformation unter Reformdruck

Papier formt sich zu Papierflieger und fliegt davon

Transformation unter Reformdruck

Gesundheitspolitik

4 MIN

Wie Führungskompetenz über das Gelingen von Krankenhausfusionen entscheidet

„Diakonissenhaus Teltow übernimmt Gubener Krankenhaus“ – Schlagzeilen wie diese häufen sich. 2024 ist die Zahl der Klinikzusammenschlüsse und Verbundwechsel deutlich angestiegen. Besonders in Nordrhein-Westfalen (NRW) ist die Dynamik spürbar. Die dortige Krankenhausplanung setzt neue Maßstäbe und bringt viele Häuser unter Zugzwang. Fusionen und Kooperationen, lange strategische Optionen, werden nun zum strukturellen Imperativ.

Der begonnene Konsolidierungsprozess offenbart jedoch eine zentrale Erkenntnis: Nicht jede Fusion bringt den erhofften Erfolg. Vielmehr entscheidet die Qualität der Umsetzung – ein Aspekt, der bislang häufig unterschätzt wurde.

Reformdruck als Beschleuniger der Transformation

Mit dem Ende 2024 von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) hat sich das deutsche Gesundheitswesen auf einen Kurs der funktionalen Konzentration begeben. Im Westen der Republik schreitet diese Umgestaltung besonders schnell voran. Die Krankenhausplanung NRW sieht eine stringente Reorganisation vor: Kleinere Häuser verlieren Versorgungsaufträge oder werden in andere Strukturen überführt, Level-1i-Krankenhäuser werden zum neuen Standard für die Grundversorgung.

Diese tiefgreifenden Veränderungen erzeugen Handlungsdruck. Für viele Träger wird ein Zusammenschluss zum einzigen Weg, wirtschaftlich tragfähig zu bleiben, Mindestmengen zu erfüllen oder Skaleneffekte zu realisieren. Doch was einfach klingt, ist in der Praxis hochkomplex.

Wenn gute Ideen schlecht umgesetzt werden

Fusionen scheitern selten an der Absicht, sondern fast immer an der Umsetzung. Kulturelle Inkompatibilität, politische Blockaden, fehlende Steuerung und mangelnde Kommunikation zählen zu den häufigsten Ursachen. Auch Governance-Aspekte, etwa bei paritätischer Beteiligung, führen nicht selten zu Stillstand.

Erfolgreiche Projekte zeichnen sich dagegen durch eine klare medizinisch-strukturelle Zielarchitektur, verbindliche Zeitpläne, professionelle Projektsteuerung und die frühzeitige Integration von IT- und Verwaltungsprozessen aus. Als besonders praktikabel haben sich Holding-Modelle erwiesen, die rechtliche Eigenständigkeit erhalten und gleichzeitig zentrale Steuerungsinstrumente etablieren – ein Vorteil, insbesondere bei politisch sensiblen Konstellationen.

Führung auf Zeit: Externe Kompetenz für sensible Übergangsphasen

Gerade in herausfordernden Veränderungssituationen fehlt es vielen Häusern an internen Ressourcen, um diese Transformationsprozesse professionell zu steuern. Hier bietet sich der Einsatz externer Führungskräfte auf Zeit als strategische Lösung an. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Fokus auf Umsetzung: Externe Projektverantwortliche agieren außerhalb des Alltagsgeschäfts und treiben Meilensteine konsequent voran.
  • Change-Kompetenz: Kommunikation, Mitarbeiterbindung und der Abbau von Unsicherheiten zählen zu ihren Kernaufgaben.
  • Führungsstabilität in Übergangsphasen: Sie können operative Verantwortung übernehmen, etwa bei Vakanzen in der Geschäftsführung.
  • Ergebnisorientierung: Klare Zielvereinbarungen und Erfolgskontrolle sichern die Umsetzung.
  • Kalkulierbarkeit: Der temporäre Einsatz erlaubt Flexibilität ohne langfristige Verpflichtungen. Hinzu kommt, dass externe Manager sich oft schnell und analytisch in Themen einzuarbeiten gewohnt sind und „krisenerprobt“ sind.

Gerade bei kommunalen und freigemeinnützigen Trägern wirken externe Führungspersönlichkeiten als neutrale Instanz. Sie helfen, politische Entscheidungswege zu überbrücken, Machtkonflikte zu entschärfen und Stillstände aufzulösen.

Nordrhein-Westfalen als Labor der Krankenhausreform

Nordrhein-Westfalen ist derzeit das bundesweit sichtbarste Beispiel für die Umsetzung einer neuen Krankenhausstruktur. Die Ergebnisse sind bereits greifbar: Standortschließungen, Neubauprojekte und umfassende Zusammenschlüsse prägen das Bild. Ob der geplante katholisch-kommunale Zusammenschluss in Soest oder der Zusammenschluss konfessioneller Träger zur Paulusgesellschaft im Raum Dortmund – die Bandbreite an Ansätzen ist groß, das zentrale Erfolgskriterium jedoch einheitlich: professionelle Führung.

Die Krankenhausplanung liefert den normativen Rahmen, doch die operative Umsetzung erfordert Erfahrung, Steuerungskompetenz und Unabhängigkeit. Hier liegt das Potenzial externer Führungsressourcen – nicht unbedingt als Ersatz, sondern als gezielte Ergänzung zu bestehenden Strukturen.

Fazit: Führung entscheidet über Nachhaltigkeit

Fusionen im Krankenhaussektor sind keine rein strukturellen Maßnahmen. Sie sind komplexe Transformationsprozesse mit organisatorischen, kulturellen und politischen Dimensionen. Wer den Wandel nicht nur durchstehen, sondern gestalten will, muss sich strategisch aufstellen – personell wie konzeptionell.

In den kommenden Jahren wird sich zeigen, welche Einrichtungen diesen Wandel proaktiv angehen – und welche ihn lediglich verwalten. Klar ist: Ohne entschlossene, kompetente Führung werden sich bei keiner Fusion die gewünschten positiven Synergieeffekte einstellen.

Autor: Dr. Nicolas Krämer, Vorstandsvorsitzender, HC&S AG

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