CSRD und LkSG kritisch im Fokus
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen nimmt stetig zu, insbesondere vor dem Hintergrund gesetzlicher Vorschriften wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Krankenhäuser stehen vor der Herausforderung, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu verstärken, da der Sektor einen erheblichen Beitrag zur Treibhausgasemission leistet. Inwiefern die neuen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung hierzu einen Beitrag leisten können, wird im nachfolgenden Beitrag erläutert.
Initiativen zur Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen
Der Gesundheitssektor trägt erheblich zur Treibhausgasemission bei – etwa fünf Prozent der Gesamtemissionen in Deutschland entfallen auf diesen Bereich. Hinzu kommt, dass der Verbrauch an Rohstoffen im Gesundheitswesen in Deutschland nach einer Studie des Umweltbundesamtes in den letzten Jahren deutlich angestiegen ist. Hohe Abfallproduktion und der Einsatz von Chemikalien unterstreichen die Relevanz von Nachhaltigkeitsaspekten im Gesundheitswesen. Ferner kommt eine hohe soziale Verantwortung der Kliniken, u.a. gegenüber Mitarbeitenden und Patientinnen und Patienten, zum Tragen. Ein wesentlicher Baustein zu mehr Nachhaltigkeit soll perspektivisch auch die CSRD-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung darstellen.
Relevanz der CSRD für Krankenhäuser
Die am 5.Januar 2023 in Kraft getretene Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist eine EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Die CSRD sieht eine deutliche Ausweitung der offenzulegenden Informationen vor und vergrößert schrittweise den Anwenderkreis der berichtspflichtigen Unternehmen. Ab dem Geschäftsjahr 2025 gilt die Richtlinie für alle großen Unternehmen im Sinne des Bilanzrechts.
Eine Vielzahl an Krankenhäuser werden von der CSRD betroffen sein, insbesondere Kliniken in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (z.B. AG oder GmbH), die bestimmte Schwellenwerte überschreiten. Auch Kliniken in anderen Rechtsformen oder kleinere Krankenhäuser können mittelbar betroffen sein, wenn sie nach Landesgesetzen, Gesellschaftsverträgen oder Satzungen wie große Kapitalgesellschaften zu behandeln sind.
Inhalte der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD
Die neuen Nachhaltigkeitsstandards, seit dem 31.Juli 2023 bekannt als European Sustainability Reporting Standards (ESRS), umfassen 12 Standards zu vier Themenbereichen:
- Querschnitt-Standards (ESRS 1 und 2): Allgemeine Anforderungen zur Erstellung und Darstellung der Nachhaltigkeitsberichte sowie der Begriff der „doppelten Wesentlichkeit“.
- Umwelt-Standards (ESRS E1 bis E5): Berichterstattung über Auswirkungen, Maßnahmen, Pläne und Ergebnisse des Unternehmens auf den Klimawandel, Luft-, Wasser- und Bodenressourcen, biologische Vielfalt und Ökosysteme.
- Soziale Standards (ESRS S1 bis S4): Angaben zu Arbeitsbedingungen, Gesundheitsschutz, sozialem Dialog und Chancengleichheit.
- Standards zur Unternehmensführung (ESRS G1): Angaben zum Management der Beziehungen zu Lieferanten, Korruptionsprävention und politischer Einflussnahme.
Kritische Würdigung der Nachhaltigkeitsberichtsberichterstattung nach CSRD
Der Grundgedanke der erweiterten Berichtspflicht nach CSRD ist klar und nachvollziehbar. Eine höhere Transparenz soll dazu führen, dass Nachhaltigkeitsaspekte stärker in die unternehmerische Entscheidungsfindung einbezogen werden. Die Qualität und Glaubwürdigkeit des veröffentlichten Berichts sind dabei entscheidend. Doch die Anforderungen der CSRD sind umfangreich und stellen viele Krankenhäuser vor Herausforderungen. Insbesondere für Kliniken, welche die Größenkriterien nur knapp überspringen und in der Folge eher geringe Managementkapazitäten haben, wird es sehr anspruchsvoll werden.
Zwar sind in den ersten Anwendungsjahren in ESRS 1 eine Reihe an Übergangsbestimmungen mit teilweisen Erleichterungen vorgesehen und es existieren mittlerweile IT-gestützte Arbeitshilfen, allerdings ist der Umfang mit ca. 1.100 Datenpunkten sehr ausufernd und selbst wenn unter den Gesichtspunkten der doppelten Wesentlichkeit längst nicht alle Angaben für die Kliniken relevant sind, so sind die Anforderungen, die an die Krankenhäuser gestellt werden, weitgehend. Hinzu kommt, dass viele Bestandteile, wie z.B. die Angaben zu den Umwelt-Standards, für die Kliniken größtenteils Neuland sind und Daten hierzu bisher nicht systematisch erhoben wurden. Obendrein liegen die Berichtspflichten auch erst seit kurzem in abschließender Form vor. So ist es auch nicht verwunderlich, dass viele Kliniken noch völlig am Anfang des Prozesses stehen. Auch sollten Nachhaltigkeitsaspekte als integraler Bestandteil der Gesamtstrategie des Klinikums betrachtet werden und daraus ableitend Nachhaltigkeitsziele definiert werden.
Um diesen immensen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es zusätzlicher finanzieller und personeller Ressourcen, ob für die Umsetzung von Projekten, die Schaffung zusätzlicher Mitarbeiterkapazitäten, der Anschaffung von geeigneter Software oder für externe Prüfungs- und Beratungsleistungen. Gerade dies dürfte jedoch vor dem Hintergrund der finanziellen Schieflage und wirtschaftlich schwierigen Situation für viele Kliniken problematisch sein. Hinzu kommt, dass die Kosten der Nachhaltigkeitsberichterstattung sofort spürbar sind, während die Vorteile schwerer finanziell zu erfassen sind. Dieser Umstand dürfte aktuell zu einer geringen Bereitschaft führen, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.
Fazit
Zuletzt ist aber auch essenziell, dass nicht nur über unterschiedliche Nachhaltigkeitsaspekte berichtet wird, sondern auch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Gerade um die nachhaltige Transformation zu meistern, bedarf es umfassender Investitionen in Krankenhausgebäude und Infrastruktur. Trotz einzelner Förderprogramme, welche sich speziell mit Klimaschutzmaßnahmen befassen, ist aktuell mehr als fraglich, ob bei einer insgesamt sinkenden realen Investitionsmittelförderung in den letzten Jahren die infrastrukturelle ökologische Transformation gelingen kann. So ist zu befürchten, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD angesichts fehlender finanzieller Mittel zumindest kurzfristig ein „zahnloser Tiger“ im Krankenhaussektor bleibt.
Angepasster Artikel aus KU Gesundheitsmanagement Ausgabe 05-2024
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Autor*innen: Prof. Dr. Tobias Nemmer, Johannes Gantner und Sina Stellwagen