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Compliance im neuen Koalitionsvertrag

Metallkette reisst auf

Compliance im neuen Koalitionsvertrag

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Adieu Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Der Beitrag befasst sich mit der im neuen Koalitionsvertrag geplanten Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Das ist vom Ergebnis zu begrüßen. Allerdings ist die ersatzlose Streichung durch die künftige Bundesregierung systematisch betrachtet non-compliant. Und die Streichung des Gesetzes ist auch nicht geeignet, das Vertrauen von Krankenhäusern in die Verlässlichkeit von Politik zu steigern.

Das Wort Compliance kommt im Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode von CDU/CSU und SPD nur einmal vor, in Zeile 1830. Aber dort wird nur beschrieben, dass unter der Überschrift „Staatsmodernisierung“ u. a. Compliance „in leistungsfähigen gebündelten Service-Einheiten“ zusammengefasst werden. Das ist wenig konkret, also wenig hilfreich. Und das war es dann zum Thema Compliance?

Nein, Compliance-relevante Ansätze gibt es durchaus. An einigen Stellen sind Vorhaben beschrieben, die sich auf Compliance-Anforderungen in Unternehmen auswirken werden. Jedoch sind diese oftmals im Gesundheitssektor nicht von Relevanz, wie z. B. die Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketdienstbranche. An einer wichtigen Stelle soll es jedoch zu Veränderungen von Compliance-Anforderungen kommen, die zumindest größere Krankenhausunternehmen betreffen werden.

Die nächste Bundesregierung will das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) abschaffen! Es soll durch ein Gesetz ersetzt werden, das die EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD (Coporate Sustainability Due Dilligence Directive) umsetzt. Bis zur Einführung des neuen Gesetzes sollen geltende Sorgfaltspflichten – mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen – nicht sanktioniert werden. Wer seinen Augen nicht glaubt, wird in Zeile 1909 bis 1917 des Koalitionsvertrags fündig.

Das Ergebnis passt

Vom Ergebnis her betrachtet ist diese Entscheidung zu begrüßen. Das LkSG als Bürokratiemonster ohne erkennbaren Mehrwert wird abgeschafft. Schon in der Vergangenheit hatte das für die Überwachung der Pflichten zuständige BAFA die Berichtspflichten mehrfach nach hinten geschoben. Und bis das neue Gesetz zur Umsetzung der CSDDD kommt, wird es mindestens 2026 werden. Und dieses Gesetz soll dann nur auf Unternehmen Anwendung finden, die 1.000 oder mehr Mitarbeiter haben und zugleich einen Jahresumsatz von 450 Mio. Euro oder mehr erzielen. Im zunehmenden Konzentrationsprozess bei Krankenhäusern wird die Zahl der betroffenen Unternehmen zwar ansteigen.

Gleichwohl werden viele Krankenhäuser nicht betroffen sein. Diejenigen, die dann betroffen sein werden, werden allerdings von vielen Punkten, die sie jetzt beim LkSG beachten mussten, wieder eingeholt. Auch wenn Berichte dann mutmaßlich schlanker ausfallen werden, werden doch zahlreiche Sorgfaltspflichten zurückkehren. Und auch ein Beschwerdeverfahren wird es künftig wieder geben, denn schließlich verweist die CSDDD auf die Whistleblower- Richtlinie, die im deutschen Hinweisgeberschutzgesetz ihre Umsetzung gefunden hat. Wer also schon ein Beschwerdeverfahren nach LkSG etabliert hat, spart später Aufwand, wenn er dieses einfach weiterlaufen lässt.

Der Ehrliche ist der Dumme

Das Vorgehen ist allerdings zugleich ein Schlag ins Gesicht der Krankenhäuser, die sich in der Vergangenheit mit viel eigenem Aufwand und oftmals erheblichen finanziellen Mitteln bemüht haben, die überbordenden Pflichten des LkSG fristgerecht umzusetzen. Deren Compliance-Lehre lautet: der Ehrliche ist der Dumme.

Non-Compliance im Koalitionsvertrag

Mit dem Vorhaben setzt sich die künftige Bundesregierung auch über die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte hinweg. Dabei hatte sich Deutschland doch durch den Nationalen Aktionsplan 2016 gerade zur Umsetzung dieser Leitprinzipien verpflichtet. Damit folgt die künftige Bundesregierung einem Zitat, das Konrad Adenauer (wohl zu Unrecht) zugeschrieben wird: „Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern.“

Autor: Rechtsanwalt Volker Ettwig, Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB

Erschienen in KU 5/2025

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